Jason von Juterczenka

Folge 7

„Alle anderen sind auf dem falschen Planeten

Mit Jason von Juterczenka, Wochenendrebell

Erscheinungstermin: 18.06.2024, Autorin: Mirjam Rosentreter

Intro

Musik: (Joss Peach: Cherry On The Cake, lizensiert durch sonoton.music)

Sprecher: Spektrakulär – Eltern erkunden Autismus.

Mirjam Rosentreter (Moderatorin/Host): Hallo. Mein Name ist Mirjam Rosentreter. Ich bin Journalistin, Mutter eines Sohnes im Autismus Spektrum, und ich mach das hier nicht alleine: Bei mir ist Marco Tiede.

Marco Tiede (Co-Moderator/Co-Host): Ja, Moin! Ich bin auch Vater eines Jungen im Spektrum, und ich arbeite Therapeut und auch als Berater.

Mirjam: Es gibt zu dieser Langversion unseres Podcasts auch eine kurze, den Kurzpod. Ein Manuskript zu dieser Folgefindet ihr auf unserer Seite spektrakulaer.de.

Sprecherin: Heute mit Jason von Juterczenka Wochenendrebell.

Intro-Ende: Musik + Geräuscheffekt (Klapper)

0:00:43

Mirjam:

Herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Spektrakulär, und wir freuen uns sehr über unseren tollen Gast heute! Der ist 18 Jahre alt – wenn die Folge ausgestrahlt wird, auch noch knapp, ein paar Tage später wirst du 19 – macht  gerade sein Abitur. Und sein Leben wurde schon verfilmt, zumindest die prägenden Jahre, in denen du mit deinem Vater unterwegs warst von Stadion zu Stadion als Wochenendrebell. Bei uns ist nämlich heute der echte Wochenendrebell zu Gast: Jason von Juterczenka. Hallo, schön, dass du da bist!

0:01:16

Jason: Hallo, gerne.

Mirjam: Hallo auch Marco.

Marco: Moin.

Mirjam: Du bist also, wer ihn noch nicht kennt, der autistische Junge, der autistische Mann, junge Mann, jetzt 18, der mit seinem Vater einen Lieblingsfußballverein gesucht hat. Darüber habt ihr ein Buch geschrieben, Die Wochenendrebellen, und das wurde verfilmt, kam 2023 in die Kinos. Und davor habt ihr aber auch schon einen Podcast gemacht, den du als kleiner Junge mit sechs, glaube ich, initiiert hast, den Radiorebellen. Und dieser Podcast war schon sehr erfolgreich, da habt ihr dann auch Preise für gewonnen, Goldenen Blogger und den Grimme Online Award, 2017 war das.

Jason: Ja.

Mirjam: Und danach eben das Buch Die Wochenendrebellen. Darauf wurde ein Filmregisseur aufmerksam, nee der Drehbuchschreiber…

0:02:05

Marco: Richard Kropf, ne? War das?

Jason: Ja.

Mirjam: Der hat das Buch glaube ich in einer Flughafenbuchhandlung entdeckt und hat gedacht: „Was für eine tolle Geschichte!“ Und auf dem Originalbuch sieht man euch von hinten, ein kleiner Knopf und ein großer Knopf vor der Wahnsinns-Stadionkulisse. Und das Besondere an euch beiden ist, ach so, ein Buch darf ich nicht vergessen, dein eigenes, was auch herausgekommen ist. Wie alt warst du, als du das geschrieben hast?

0:02:26

Jason: Als es rauskam, da war ich 14.

Mirjam: Und wann hast du angefangen zu schreiben?

Jason: Mit Zwölf.

Mirjam: Wow. Das ist Traumschiff Erde, welch Wunder wir zerstören. Da geht es auch um dich, aber vor allen Dingen um dein großes Thema, die Welt besser zu machen, vor allen Dingen den Klimawandel aufzuhalten.

0:02:45

Das Besondere an dir ist, dass du die Welt da draußen an deinem Leben hast teilnehmen lassen, und du hast mit deinem Vater über sehr persönliche Dinge gesprochen. Und auch die Eltern in unserem Elternkreis, den wir beide für den Martinsclub moderieren, viele von denen haben schon seit vielen Jahren dein Erwachsenwerden mit begleitet, also haben das verfolgt. Und gleichzeitig habe ich mich schon ganz zu Beginn gefragt, wie war das für dich? Wann hast du zum ersten Mal für dich entschieden, ich möchte das, was in meinem Inneren vorgeht, mit meinem Vater, aber im Grunde auch mit der Welt teilen?

0:03:24

Jason: Ich meine, der Anfang des Ganzen, der Blog wochenendrebell.de, den hat mein Papa ja angefangen, 2012, eigentlich als Tagebuch für mich. Also es war ja nie so wirklich gedacht, dass das eine größere Anzahl an Menschen erreicht. Es war dann der Punkt auf Schalke, bei dem Besuch bei Schalke 04, wo es diese Szene gab, die es in den Film geschafft hat, wo alle rufen: „Steht auf, wenn ihr Schalker seid!“ Und ich denke mir: „Hm, ich bin ja kein Schalker, also kann ich auch nicht stehen!“ Dann habe ich mich hingesetzt, auf dem Stehplatz. Und das war wohl, erzählt Papsi, immer so der Moment, in dem er dachte, hm, es könnte vielleicht auch für andere unterhaltsam oder lehrreich sein, aus meiner Perspektive Dinge zu erleben. Deswegen hat er angefangen, den Blog zu schreiben. Damals natürlich anonym, weil ich war noch sehr jung und sollte dementsprechend dann mal entscheiden, wie ich damit umgehen möchte. Die Entscheidung selbst wurde uns dann aber mehr oder weniger abgenommen, auf dem Grimme Online Award, den wir dann ja gewonnen haben mit dem Radiorebell-Podcast. Ich hatte bereits im Voraus Papsi gesagt, wir müssen mal darüber sprechen, wenn wir diesen Grimme Online Award dann gewinnen werden – weil ich auch davon ausgegangen bin, dass wir ihn gewinnen werden – dann wird das ja schwierig, wenn wir auf die Bühne müssen und dann werden wir nicht mehr anonym sein. Und Papsi hat meine Warnung nicht so ganz ernst genommen, weil er meinte, wir würden nicht gewinnen. Und ich habe ihm garantiert, dass wir dort gewinnen würden. Wir haben uns ein bisschen gestritten, und dann hieß es halt, na schön, dann warte ich halt einfach ab. Und wie erwartet haben wir dann auch gewonnen, und plötzlich dann in der einen Minute, in der die Laudatio gehalten wurde, bevor wir auf die Bühne gekommen sind, hatte Papsi dann plötzlich Panik. Und ja, das war dann natürlich meine Genugtuung, mein Ich-hab‘s-dir-ja-gesagt-Moment. Aber dadurch mussten wir ja mehr oder weniger auf die Bühne. Und dadurch war das Thema mit der Anonymität dann beendet, und ich habe es auch nie bereut, ja.

0:05:16

Für mich war die Entscheidung relativ früh klar, dass ich damit an die Öffentlichkeit gehen möchte, weil ich zu 100 Prozent dahinterstehe und weil ich glaube, ich meine, ich habe eine Botschaft, ich habe eine Botschaft, die ich verbreiten möchte, ich habe etwas, was ich verändern möchte. Und das ist einfach ein Fakt, dass diese Botschaften und Geschichten bei Menschen besonders gut verfangen, wenn sie ein Gesicht dazu haben, wenn sie eine Person dazu haben. Es geht mir weniger tatsächlich um mich als Person, aber ich denke, es braucht meine Person, weil das einfach eine Eigenschaft von Menschen ist, dass sie Botschaften und Geschichten gerne mit Personen verknüpfen. Kann ich nicht so ganz nachvollziehen, aber da muss man, denke ich, mit leben.

0:05:55

Mirjam: Warum warst du dir so sicher, dass ihr das gewinnen würdet?

Jason: Wenn ich mir nicht sicher bin, dass unser Podcast würdig ist, diesen Preis zu gewinnen, wer dann? Also, wenn ich irgendwelche Kritikpunkte daran hätte oder wenn ich der Meinung bin, dass unser Podcast nicht gut genug wäre, dann hätte ich das geändert. Dann hätte ich unseren Podcast halt so gemacht, dass er gut genug dafür ist. Also, wie gesagt, wenn ich nicht glaube, dass wir es gewinnen, wer soll das dann glauben? Ich war mir ziemlich sicher.

0:06:22

Marco: Zumal der Podcast ja von Anfang an sehr, sehr viel Substanz hat. Also ihr habt ja nicht nur über Autismus, sondern eben auch schon über naturwissenschaftliche Themen gesprochen, über Klimathemen. Und für mich kommt dann gerade die Frage auf, ob es da für dich eine Priorisierung gibt oder ob das alles gleichrangig ist, also sozusagen Autismus mehr ins Bewusstsein zu rücken, aber natürlich auch das Klimathema neben den naturwissenschaftlichen Themen.

0:06:55

Jason: Ich denke, man kann das gar nicht zu 100% trennen. Also das übergeordnete Ziel ist, die Welt besser und gerechter zu machen. Und ableistische Unterdrückung und neurotypische Machtansprüche, neurotypische Normen und die sozialen Strukturen, die die Klimakatastrophe bedingen, die überschneiden sich auch sehr stark. Von daher kann man das, würde ich sagen, gar nicht so richtig trennen, sondern die höchste Priorisierung ist es, Fakten, naturwissenschaftlichen Fakten und Rationalität wieder zu einem gewissen Geltungsanspruch zu verhelfen, zu einem gewissen Machtanspruch zu verhelfen, auch in der Politik. Und ich würde definitiv sagen, dass ich diese Rationalität und diesen Blick sicherlich zum Teil auch meinem Autismus zu verdanken habe. Dennoch würde ich auch sagen, dass ich vieles vielleicht gar nicht wegen meines Autismus geschafft habe, sondern mit ihm einfach.
Aber die Priorisierung, was ist wichtiger, die Klimakatastrophe zu stoppen oder AutistInnen zu Selbstbestimmung und Gleichstellung zu verhelfen, die wäre nicht sinnvoll zu treffen.

Marco: Ja. Verstehe ich.

0:08:10

Mirjam: An dieser Stelle ganz kurz einmal erklärt für diejenigen, die das Wort vielleicht noch nicht kennen, obwohl es eigentlich mittlerweile bekannt sein sollte. Ableism oder Ableismus, wenn man es verdeutscht ausdrückt, ist, das wäre meine Zusammenfassung, das Pendant zu Rassismus zum Beispiel, einfach ein Verhalten gegenüber behinderten Menschen, das sie auf welche Art auch immer diskriminiert oder herabwürdigt. So würde ich es, ist das auch deine Einstellung dazu?

Jason: Ja.

Mirjam: Und neurotypisch den Begriff hatten wir schon öfter bei uns im Podcast. Was bedeutet das genau für dich, also dass wir das einmal klarziehen? Wir haben festgestellt, es gibt unterschiedliche Ansichten dazu auch in der autistischen Community.

0:08:55

Jason: Also mein erster Bezug zu dem Begriff neurotypisch kam dadurch, dass wir Autismus, nicht bevor ich meine Diagnose hatte, aber als ich über meine Diagnose dann selbst aufgeklärt wurde, meine Eltern haben sie immer besondere Logik genannt. Und ich habe mich so ein bisschen dagegen gewehrt, dass die anderen Menschen dann diejenigen sein sollen mit der nicht besonderen Logik oder mit der normalen Logik. Weil für mich war das gar keine Logik, das waren einfach die mit der Unlogik. Ich fand meine Logik keine besondere Logik, sondern das war einfach Logik, mehr nicht.

0:09:28

Und deswegen hat mein Papa dann als Gegenbegriff die Neurotypischen eingeführt, hat mir erklärt, ja, so funktioniert das praktisch. Die Menschen – damals, war das natürlich mein Verständnis – die Menschen, die dann nicht Autist:Innen sind, die nicht diese besondere Logik haben, das sind neurotypische Menschen. Und heute ist diese Bedeutung natürlich so ein bisschen modifiziert dadurch, dass neurotypisch eher weniger der Gegenbegriff zu autistisch ist, sondern eher zu neurodivergent. Das bedeutet, letztlich sind Neurodivergenzen ja von der Norm abweichende Verschaltungen des Gehirns, aus denen dann von der Norm abweichende Wahrnehmungen resultieren, weil wir mit unserem Gehirn die Welt wahrnehmen. Und dementsprechend sind neurotypische Menschen dann eben diejenigen mit einer Verschaltung des Gehirns, die grob der Norm entspricht.

0:10:25

Mirjam: Über das Thema Autismus zu sprechen, damit habt ihr angefangen bei einem Rockfestival, als ihr vorm Zelt saßt, schreibt dein Vater in den Wochenendrebellen. Was war das für dich für einen Moment? Hast du da noch eine konkrete Erinnerung dran?

Jason: Ja, ich weiß noch, wir waren auf einem Festival zusammen, und Papsi hat mir praktisch zwei Bücher geschenkt, und die habe ich mitgenommen, habe sie gelesen unterwegs im Zelt und auf der Fahrt. Und das war einmal Schattenspringer von Daniela Schreiter und es war, ich glaube Colines Welt hat tausend Rätsel hieß das andere. Die habe ich beide gelesen und ich dachte mir so zum ersten Mal: Endlich mal normale Leute in Büchern. Vorher war ich immer, was sind das für komische Leute in Büchern? Was machen die? Warum reden die so? Warum handeln die so? Und da dachte ich mir so: Oha.

0:11:18

Genau und über diese beiden Bücher haben wir dann über diese besondere Logik gesprochen und mein Papa hat mir dann erklärt, was hinter der besonderen Logik steckt, dass ich Autist bin. Das war mit sechs Jahren, also zwei Jahre nach meiner Diagnose und hinzu kam noch, dass auf dem Festival wir das Lied gehört haben War Inside My Head und da ist die Metapher des Kriegs im Kopf entstanden, was ja im Film auch wohl eine Szene war, die dann ziemlich viral gegangen ist.

0:11:53

Weil ich mit diesem Krieg im Kopf, ich dachte tatsächlich War Inside My Head, die beschreiben einen Overload gerade in diesem Lied. Das war eine sehr gute Metapher, die sich bis heute gehalten hat.

Marco: Die konnte ich auch sehr gut nachvollziehen. Das war im Film nach der Nudelszene im Zug, ne, im Bordbistro. Ja, das konnte ich auch. Ich habe da richtig mitgelitten, als du merktest oder eben da stellvertretend der Darsteller Ci…, wie heißt er nochmal?

0:12:24

Jason: Cito.

Mirjam: Cecilio Andresen.

Marco: Cecilio, ja, aber kurz Cito. Und das war für mich dann auch so ziemlich klar, als du gestern bei der Lesung sagtest, das war auch die Szene, die er beim Casting gespielt hat, die absolut überzeugend war, wo ich echt merkte, ja, genau so fühlt sich das mutmaßlich – ich  kann ja immer nur mutmaßen als Außenstehender, aber weil ich ja auch immer wieder versuche zu erklären, was das eben auf sich hat mit Overload und Shutdown und was es alles gibt, Meltdown.

0:12:54

Was eben zur Reizüberflutung und dann eben zu diesem Overload, zu diesem Zusammenbruch oder Ausbruch führen kann. Und dann fand ich eben diese Beschreibung des Kriegs im Kopf auch sehr gut nachvollziehbar, sehr plastisch.

0:13:11

Mirjam: Hast du denn als Therapeut im Autismus-Therapiezentrum hier in Bremen schon häufiger erlebt, dass Eltern ihre Kinder so früh, also sechs halte ich für ziemlich früh, quasi erfolgreich über ihren Autismus aufklären?

Marco: Das ist eher selten. Also, meistens tun wir das dann während der Therapie, im Rahmen der sogenannten Psycho-Edukation. Auch weil Eltern nicht immer so umfänglich informiert sind über Autismus, die ja dann manchmal auch so mit Wünschen kommen zu sagen: Ja, unser Kind soll nicht so viel Schimpfwörter benutzen. Da sage ich, naja, die Schimpfwörter haben eine Funktion. Das sind ja Bewältigungsstrategien.

Jason: Genau.

Marco: Du kennst das wahrscheinlich gut, ne?

0:13:57

Jason: Ja, diese radikal-extrem-behavioristischen Ansätze, dass man sagt, es soll sich bitte so, so und so nicht mehr verhalten und so und so und so soll es sich verhalten, das sind natürlich ganz schwierige Wünsche, die ja letztlich die Annehmlichkeiten der Eltern in den Fokus rücken. Was vielleicht irgendwie verständlich ist, wenn man in so einer Lage ist als Eltern, aber was natürlich nicht der Situation dienlich ist und nicht dem Wohl der AutistInnen dienlich ist unbedingt.

0:14:27

Mirjam: Nochmal zurück zu der Szene vor dem Zelt, aber auch einfach zu den Gesprächen mit deinem Vater. Das ist etwas, was mich in den letzten Jahren sehr berührt hat und auch viele Eltern im Elternkreis, dass ihr offensichtlich es schafft, miteinander ins Reden zu kommen, euch darüber auszutauschen, über eure unterschiedlichen Perspektiven auf die Welt. Und also füreinander langsam nicht mehr solche Rätsel seid. Du und dein Vater oder deine Familie, auch dein Opa, der für dich auch, wie immer wieder rauskommt, ein wichtiger Gesprächspartner ist. Und im Alltag vieler anderer Eltern, zumal wenn die Kinder nicht richtig sprechen können, ist es ja eher so, dass das so fast ein Leben lang das Hauptproblem bleibt zwischen Eltern und Kind, dass diese Rätselhaftigkeit nicht richtig verschwindet. Also, dass die Eltern, dass das Kind für die Eltern oder die erwachsene Person für die Eltern (schmunzelt), aber in dem Sinne muss ich von Kind sprechen, ein Rätsel bleibt und umgekehrt. Wie ist das denn für dich? Hast du in diesen Jahren, in denen du mit deinem Vater gesprochen hast, deine Eltern oder ihn vor allen Dingen auch besser verstehen gelernt?

0:15:38

Jason: Ja, ich meine, verstehen oder etwas zu verstehen, das geht ja in erster Linie nur dann, wenn dem Ganzen auch eine Logik inne wohnt, also wenn es in sich konsistent ist. Das ist bei neurotypischem Verhalten nicht immer der Fall. Das heißt, in allererster Linie muss man das verstehen, also man muss verstehen, dass es nicht immer möglich sein wird, in dem Verhalten von meinen Eltern eine Logik zu finden, dass es nicht immer dieses Verhalten praktisch… So, anders: Für mich ist es so, ich habe bestimmte Prinzipien und ich habe Fakten, die ich von außen aufnehme. Und aus diesen beiden Komponenten erfolgt immer ganz eindeutig bestimmt eine gewisse Handlung. Und wenn mich jemand nach dieser Handlung fragt, dann kann ich immer begründen, dass mit den und den Prinzipien und den und den Fakten, also bleibt nur die Handlung übrigbleibt. Das ist immer so.
Und zu verstehen, dass das bei dem Großteil der Menschen so nicht der Fall ist, sondern dass Menschen einfach so handeln, einfach so etwas machen, einfach so etwas sagen, das war ein Prozess, der Zeit brauchte. Das habe ich, denke ich, mittlerweile verstanden bei meinen Eltern und überhaupt bei vielen neurotypischen Menschen, dass dem so ist. Von daher: Ja, ich würde schon sagen, dass ich meine Eltern und meine Schwester auch besser verstehe als früher und auch weiß, dass sie gar nicht so wirklich etwas dafür können, dass sie zum Beispiel eine gewisse Konsequenz nicht an den Tag legen, dass sie das auch einfach nicht können, eventuell. Das habe ich gelernt.
Darüber hinaus würde ich sagen, es ist auch umgekehrt, dass mein Papa und meine Mama und meine Schwester, besonders aber vermutlich mein Papa auf unseren Reisen, auch umgekehrt gelernt hat, dass dieses: Ja, ich sage einfach so etwas, ich verspreche einfach so etwas, ich mache einfach so etwas, ohne darüber nachzudenken. Dass das eigentlich nicht, also es ist die Norm in dem Sinne, dass es die meisten Menschen machen, aber dass das eigentlich nicht normal in dem Sinne ist, dass das logisch ist oder dass das eine gute Idee ist, das ist glaube ich etwas, was mein Papa gelernt hat.

0:17:53

Marco: Also Versprechen zu geben, nachdem man eigentlich mal fundiert drüber nachgedacht hat, und dann zu sagen: Ja, ich kann dieses Versprechen reell geben. So wie zum Beispiel auch gestern bei der Lesung erwähnt, das Versprechen, die Welt zu einer besseren zu machen, ist ja ein schwieriges Unterfangen vor dem Hintergrund, den wir jetzt kennen, vieler Kriege und der Klimaveränderung.

0:18:15

Jason: Die Versprechens-Tour hat mein Papa natürlich auf dem harten Weg gelernt, die Lektion, dass noch heute ist das Versprechen offen, dass wir Shinkansen fahren müssen in Japan, das heißt wir mussten eigentlich noch mit dem Zug nach Japan fahren, also die Lektion, dass man Versprechen nicht unüberlegt gibt, die musste er wirklich auf die harte Tour lernen, aber ja, er hat sie gelernt.

0:18:38

Marco: Und ich erinnere mich noch, im vorletzten Podcast meintest du, glaube ich, die größte Marotte der neurotypischen Menschen ist ihre Inkonsequenz, das ist ja das, was du auch gerade beschrieben hast.

0:18:51

Mirjam: Wie hast du dann, als du sechs warst, deinen eigenen Autismus für dich weiterentdeckt? Also gab es da auch so Phasen, wo du damit gehadert hast oder wie bist du damit umgegangen?

Jason: Also ich komme ja praktisch immer noch aus diesem Selbstbild eigentlich, dass das die Normalität ist, weil das ist ja logisch. Ich meine, ich kann mich immer irgendwie auf objektive Tatsachen, konnte ich mich stützen in meinem Verhalten, ich konnte es immer erklären, ich konnte es mir selbst erklären. Es gab für mich gar keine Rätsel innerhalb meiner, innerhalb praktisch meiner abgeschlossenen Denkweise. Die Rätsel kamen erst auf, als ich dann… Warum sind denn alle so derartig anders? Und warum sind sie untereinander nicht so derartig anders, sondern wieso ist diese Unterscheidung nur zu mir so groß? Also diese Rätselhaftigkeit, dass ich überhaupt mit einem Problem konfrontiert war, das kam immer erst von außen.
Und mein erster Ansatz war dann natürlich aber – und das mag ich vielleicht meinen Eltern zu verdanken haben, dass sie mich dort mit einem sehr großen Selbstbewusstsein ausgestattet haben – aber mein Impuls, meine intuitive Reaktion war zu sagen: Ja, alle anderen sind ja einfach unnormal. Ich bin die einzige Person, die auf dem richtigen Planeten gelandet ist. Und das Wrong Planet Syndrom habe ich halt so interpretiert, dass einfach die anderen Menschen hier auf dem falschen Planeten gelandet sind. Das heißt, ich habe nie wirklich mit meinem Autismus gehadert, ich habe mit den anderen Menschen gehadert. Ich stelle es mir ehrlich gesagt umgekehrt sehr viel schlimmer vor.
Es war dann tatsächlich so, dass ich Zeit gebraucht habe, um dann zu verstehen mit der Zeit, okay, das ist tatsächlich, relativ zu den meisten Menschen bin ich vielleicht nicht die Norm, und ich habe durch die Autismusdiagnose, die mein Papa mir dann erzählt hat, es war eine sehr gute Idee, mir das so früh zu erzählen, weil ich dadurch dann natürlich die perfekte Erklärung dafür hatte, und damit war das Thema für mich auch eigentlich erledigt. Also ich hatte die Erklärung dafür, es war alles klar. Deswegen war es bei mir immer eine gute Idee, einfach offen zu sagen, was ist. Dann ging das.
Und dann ging die praktischen Probleme los. Es war eigentlich soweit alles sicher, aber diese so unterschiedlichen Arten auf die Welt zu blicken, haben halt täglich für Konflikte gesorgt, in der Schule, in der Familie. Aber: Man wusste jetzt, wo man ist.

0:21:04

Marco: Also die praktischen Probleme war sozusagen das Unverständnis im Umfeld von allen anderen.

Jason: Ja, Unverständnis bei Menschen in der Schule vermutlich. Ansonsten ist es natürlich auch so, dass selbst wenn man es versteht, wenn man jetzt weiß, okay, wir haben hier einfach zwei verschiedene Sichtweisen und man versteht sogar, wie die Sichtweisen zustande kommen, kann es einfach trotzdem sein, dass sie in Konflikten miteinander stehen, dass man eine Entscheidung treffen muss, mit der niemals beide glücklich sein werden. Und das sind dann halt diese ganz praktischen Probleme.
Und ja, auch meine Eltern haben selbst danach noch viel Zeit gebraucht, es wirklich… Ich weiß nicht, ob sie es bis heute vollständig verstanden haben, aber sie haben auf jeden Fall viel Zeit gebraucht, Schritt für Schritt zu verstehen, dass auch meine Vorstellung von Glück eine ganz andere ist, also dass es eben nicht so funktioniert. Häufig ist es ja so, dass Eltern eigentlich praktisch glauben zu wissen, wie ihre Kinder glücklich werden können. Und dazu gehören in unserer Gesellschaft einfach ganz festgelegte normative Schritte. Ja, man muss im Kindergarten oder in der Schule Freunde finden, und man braucht irgendwie so Freizeitaktivitäten, muss sich mit Leuten treffen, und später kommen dann noch Partnerschaften und so ein Gedöns. Also es gibt so, gefühlt so ganz… Ja, auch bei den Eltern ausziehen, das sind alles so Schritte, die muss man einfach machen, sonst ist man zurückentwickelt. Oder sonst macht man Rückschritte, sonst hängt man hinterher, sonst kann man nicht glücklich werden. Man muss hier unabhängig sein und so. Das sind einfach Schritte, das ist sehr, sehr, sehr tief in Menschen verankert, dass das dazugehört. Und das war auch anfangs bei meinen Eltern so, dass sie gedacht haben, ja, dass sie gar nicht unbedingt… Da ging es nicht darum, dass sie mich in eine Richtung stoßen wollten, weil sie fest davon überzeugt waren, so muss das sein, und dafür mein Unglück in Kauf genommen hätten. Sondern sie dachten wirklich aufrichtig, das ist der einzige Weg, um glücklich zu werden, eine Zeit lang.

0:22:59

Und dann eben zu verstehen, dass ich zu 100% am besten weiß, was mich glücklich macht, dass wenn ich sage: Da ist überhaupt kein Leidensdruck da! Es ist nicht so, dass ich keine Freunde in der Schule finde. Ich würde welche finden, ich möchte einfach aktuell keine. Oder: Nein, ich möchte nicht ausziehen, wieso sollte es so, warum, nur weil es in unserer Kultur und auch nur in unserer Kultur so normalisiert ist, dass man ausziehen muss bei den Eltern, wenn man älter wird, was interessiert mich das, also warum sollte ich mich danach richten, so. Und diese ganzen Schritte zu verstehen, dass das anders ist, und dass diese… Ja, diese Normativität einfach willkürlich festgelegt ist von einer Mehrheitsgesellschaft, in die ich mich überhaupt nicht gebunden fühle. Das ist eine Reise, die meine Eltern, glaube ich, bis heute noch nicht zu 100% abgeschlossen haben, aber auf der sie auf jeden Fall schon einen weiten Weg gegangen sind.

0:23:50

Marco: Ganz klassisch hast du das ja auch beschrieben, oder was heißt klassisch – ist ja auch wieder so… So ne neurotypisch normative Auffassung – wie deine Eltern immer wieder versucht haben, Kinder einzuladen, um dich mit Gleichaltrigen in Kontakt zu bringen. Und den Konflikt höre ich tatsächlich auch häufiger, hören wir häufiger im Elternkreis, dass sie nicht sicher sind: Ist unser Kind jetzt glücklich oder unser Heranwachsendes oder heranwachsender Mensch, wenn es denn immer alleine ist? Es ist ja so einsam! Weil viele dann diese Auffassung haben, so einsam muss man doch verkümmern. Wobei ja auch nicht ganz von der Hand zu weisen ist, ich glaube, das fand ich auch nochmal interessant, als du vom Neandertaler-Museum berichtet hast, dass die Homo Sapiens mutmaßlich dadurch besser überleben konnten, weil sie mehr kooperiert haben miteinander.

Jason: Stimmt!

Marco: Was aber natürlich nichts darüber sagt, welche Bedürfnisse man hat in Sachen Kontakt zu Gleichaltrigen, weil die Kooperation zu anderen entbindet es ja trotzdem nicht.

0:24:53

Jason: So ist es. Und erstens war auch vor allem die Form der elterlichen Fürsorge wahrscheinlich ein entscheidendes Selektionskriterium für den Homo Sapiens. Dass einfach die elterliche Fürsorge größer war als zum Beispiel bei den Neandertalern. Ein Faktor für das Überleben des Homo Sapiens. Und zu meinen Eltern hatte ich immer eine sehr, sehr enge Beziehung. So war das auch zu der Zeit, wo ich praktisch keine Freundin in der Schule wollte. Ich wollte meine Eltern, meine Eltern haben mir gereicht praktisch. Ich wollte die Sachen, die man vielleicht, die andere mit ihren Freunden unternehmen, die wollte ich mit meinen Eltern auch unternehmen. Und viel Zeit mit ihnen verbringen. Und auch wenn ich heute Freunde habe, hat sich an dieser Sonderstellung meiner Eltern und meiner Schwester, an die niemand jemals drankommen kann eigentlich, hat sich auch nicht wirklich was geändert. Das ist der erste Punkt. Und der zweite Punkt ist, dass ich ja tatsächlich durch den Film auch mit vielen AutistInnen gesprochen habe, bei denen es tatsächlich so war, wie meine Eltern das vermutet haben. Also wo wirklich eine Diskrepanz ist zwischen den sozialen Kontakten, die sie gerne hätten und denen, die sie haben. Also es gibt es auch, dass AutistInnen gerne Freundschaften hätten, aber nicht in der Lage sind, sie zu knüpfen. Auch das ist real so.

0:26:07

Aber der Punkt ist, dass in meinem Fall Kommunikation schon immer sehr, sehr einfach möglich war. Also ich würde sagen, mit mir ist Kommunikation einfacher als mit den meisten neurotypischen Menschen, weil ich einfach direkt sage, was das Problem ist. Und ich sage auch, wenn es kein Problem gibt. Das heißt, das hätten meine Eltern einfach annehmen können. Wenn ich ihnen schon sage, wenn sie das große Glück haben, dass ich in so geringem Alter schon exakt sagen kann, woran ich bin. Und ich sage, ich bin nicht einsam, weil Einsamkeit bedeutet nicht allein zu sein. Einsamkeit bedeutet die Diskrepanz zwischen den sozialen Kontakten, die man gerne hätte und denen, die man hat. Und die Diskrepanz gab es nicht. Ich war nicht einsam. Das hätten sie mir einfach glauben können, aber das wissen sie jetzt auch. Das ist learning by doing.

0:26:53

Marco: Klar, dass es das eben auch gibt im Spektrum, zeigt ja eben auch die Vielfältigkeit des Spektrums, ne?

Jason: Ja.

0:26:59

Mirjam: Ich wollte einmal eben, vielleicht ist es den Hörerinnen und Hörern schon aufgefallen, dass wir das Wort Kind immer so seltsam umschiffen (Marco und Jason schmunzeln). Wer deine Geschichte und dich noch nicht so gut kennt oder gar nicht kennt, dem müssen wir das, glaube ich, kurz erklären. Du hast auch gerade von Kindern oder heranwachsenden Menschen gesprochen, denn du hast mit sechs ja nicht nur schon reflektiert mit deinem Vater darüber sprechen können, sondern aus deiner Perspektive warst du schon mit sechs kein Kind mehr. Und wolltest auch, das ist ja auch eine ikonische Szene, die jetzt alle durch den Film kennen, als der Professor, der Physiker, dich zu so einer Kinder…

Marco: Kids-Club.

Mirjam: Kids-Club einladen wollte und dann Cecilio da Rabatz macht und im Brustton der Überzeugung sagt: „Ich bin kein Kind!“

Jason: Hmmh.

0:27:53

Mirjam: Woher hast du schon mit sechs die Überzeugung genommen, dass du kein Kind bist?

Jason: Ich habe die Kategorie ‚Kind‘ völlig abgelehnt und tue das immer noch, ehrlich gesagt. Aus zwei Gründen. Erstens dachte ich ganz am Anfang mit vier oder fünf, dass mit dem Begriff ‚Kind‘ dann doch sicherlich auch ein gewisser gesellschaftlicher Schutzstatus verbunden ist. Dass Kinder der Gesellschaft vielleicht besonders viel wert sind, ist ja ihre Zukunft, so. Und der Glaube wurde mir sehr schnell genommen. Als ich mich zum Beispiel mit der Klimakrise beschäftigt habe. Da hat die Gesellschaft einfach diesen Mythos oder diese Idee, die ich hatte – ja okay, Kind, da hat man vielleicht weniger Rechte, aber man ist der Gesellschaft auch besonders viel wert – einfach eingerissen. Mir wurde klar: Nein, Kinder sind der Gesellschaft nicht besonders viel wert. Und da wurde ich mein Leben lang bestätigt, im Bildungssystem, während der Corona-Pandemie, ich wurde immer wieder bestätigt: Nein. Und zweitens. Es gibt ja ein eigenes Kapitel in Chaos auf Augenhöhe, das heißt Warum ich kein Kind bin, was wieder zu dem Punkt führt, den ich schon erklärt habe, dass die Gesellschaft eine sehr lineare Vorstellung vom Aufwachsen hat. Bestimmte Schritte, die muss man alle absolvieren, sonst ist man zurückgeblieben. Und in dieses Muster fügt sich auch der Begriff ‚Kind‘. Das ist ein Status, den man dann künstlich erschafft, der gilt praktisch als ein früheres Stadium der Entwicklung und aus dem kommt man dann raus durch bestimmte Schritte, die man absolviert, durch bestimmte Veränderungen, die man durchlebt.
Viele von den Veränderungen habe ich nie durchlebt und viele von den Merkmalen, die man mit Kind verbindet, hatte ich aber auch nie. Ich merke einfach, dass ich völlig durch dieses Raster falle und dass der Begriff Kind mir auch einfach überhaupt nichts bedeutet. Weil, die Eigenschaften, die man mit Kindern assoziiert, viele davon hatte ich nie und viele davon habe ich noch, auch seitdem ich eigentlich laut gesellschaftlicher Definition kein Kind mehr bin. Also das entzieht sich jeglicher Logik, der Begriff ‚Kind‘. Und deswegen ist er eigentlich obsolet und gehört abgeschafft.

0:30:02

Mirjam: War für deine Eltern wahrscheinlich dann nicht nur wegen der gesellschaftlichen Schritte, die so vorgegeben zu sein scheinen, schwierig, sondern auch… Also Eltern werden ja mit ihren Kindern so ein bisschen nochmal erwachsen. Und ich, also ein Satz, den ich als Mutter – wenn ich merke, oh, ich habe irgendwie ein bisschen Murks gemacht, sage ich zu meinen Kindern gerne: Ich mache das ja auch zum ersten Mal. Diese Entschuldigung hatten ja deine Eltern dann im Prinzip gar nicht, weil sie quasi ein fertiges Wesen vor sich hätten, das schon mit sechs gesagt hat: So, hier bin ich, so bin ich, das weiß ich und daran wird sich auch nichts ändern, das ist meine Logik, so, fertiger Mensch! Und jetzt lernt ihr mal, damit umzugehen. Daraus entstehen ja auch viele Konflikte.

0:30:42

Marco: Beziehungsweise, glaube ich, hast du das ja nicht erst mit 6 gesagt, du hast dich frühzeitig schon sehr klar ausdrücken können, so wie aus dem Film auch so zu entnehmen war, der jetzt ja zwar halb fiktional ist, aber sich ja stark auf deine Geschichte stützt. Und ich glaube, das ist tatsächlich leider selten, also ohne anderen Eltern einen Vorwurf zu machen, aber dass deine Eltern dich so genommen haben, wie du bist, die gesagt haben: Ja, du hast halt eine eigene Logik. Sie haben einige Learnings gehabt, das hast du ja auch gesagt, aber dass sie das so immer angenommen haben und dich damit nicht infrage gestellt haben, was dir dann mutmaßlich auch zu deinem Selbstwertgefühl, das du jetzt hast, verholfen hat.

0:31:25

Jason: Ja, wobei, dieser Weg war auch völlig alternativlos. Also, rückblickend lässt sich sehr sicher sagen, dass wirklich jeder andere Weg, jede andere Form hätte in ein völliges Desaster geführt, da bin ich ganz sicher. Das war der einzige Weg, diese radikale Akzeptanz nennen wir das ja mittlerweile, ist so unser Konzept, das heißt, sich bedingungslos darauf einlassen auf Basis der Tatsachen. Oder: Diese radikale Akzeptanz funktioniert durch bedingungslose Ehrlichkeit, dass man sich praktisch immer darauf einlassen kann, ohne weiter darüber nachzudenken, ohne weiter nachzufragen, dass, wenn ich sage: So ist es, das ist ein Problem oder das ist kein Problem. Dass das zu 100% meiner Wahrnehmung entspricht, dass das zu 100% der Wahrheit entspricht. Und das mussten meine Eltern, meine Eltern hatten keine andere Wahl, als dieses Konzept der radikalen Akzeptanz so anzunehmen, weil, wie gesagt, alles andere hätte für beide Seiten, für uns alle in einer Katastrophe geendet.

0:32:25

Mirjam: Eine radikale, die radikalste Form der Akzeptanz, die ich mir vorstellen kann, ist die, weil ja keine Lebensmittel weggeschmissen werden sollen, wenn in einem, in deiner Trinkflasche, die du mit dir herumträgst, noch ein Rest ist, dass du den deinen Vater hast austrinken lassen in einem ganz hohen Verdünnungsverhältnis, erinnerst du dich daran?

Jason: Ja. Ich erinnere mich.

Mirjam: Also, du hast gesagt: So kann man noch trinken, also ist nicht gesundheitsgefährdend, du musst das quasi nur homöopathisch ganz doll verdünnen, bis es keinen Wirkstoff mehr hat, und dann kann man das trinken. Was in dem Fall immer bedeutet: Dann kannst du, mein lieber Vater, lieber Papsi, wie du ihn nennst, das trinken. Gestern bei der Lesung stand deine Trinkflasche links auf der Tischkante und hat die Wochenendrebellen… Wie nennt sich das, Wimpel, ne?

Jason und Marco: Banner.

Mirjam: Banner, was ihr dann auch mit ins Stadion dann nehmt wahrscheinlich. Hat es festgehalten, und mir lag die ganze Zeit die Frage auf der Zunge, ich habe dann aber gedacht, ich hebe sie mir für heute auf: Was für eine Plörre befand sich in der Flasche, wie alt ist die zu dem Zeitpunkt schätzungsweise gewesen?

Jason: Die habe ich an dem Morgen aufgefüllt. Die war ganz neu. Und der Punkt, dass mein Papa praktisch die… Also ja, es war so, das war ein sehr, sehr altes Trinken, was dann eben so verdünnt wurde, dass mein Papa es wieder trinken konnte. Ja, radikale Akzeptanz bedeutet in dem Kontext dann aber auch, das muss man den ganzen Hintergrund kennen, dass das eine Vereinbarung war, die wir so getroffen haben. Er hat da so seine Zusage gegeben. Und das war ein Kompromiss tatsächlich, weil es in unserer Familienvereinbarung, die wir zu Hause haben, eben einen Paragraphen gab, der das Verschwenden von Lebensmitteln verboten hat. Und das führte sehr häufig zum Konflikt mit meiner Schwester, für die Essen dann mit sehr viel Angst verbunden war. Also meine Schwester drohte eine gefährliche Verbindung zu Essen aufzubauen, weil eben immer der Gedanke an Essen damit verbunden war, dass sie es irgendwie aufessen muss, wenn sie es nicht aufisst, dass es jemand ihr abnehmen muss.

0:34:29

Und das war ein sehr, sehr großes Problem. Und das haben wir dann eben mit dem Kompromiss gelöst, dass ich meine Schwester da rauslasse und mein Papa sich einfach um alle Reste kümmert, die anfallen.

Marco: Das kommt mir bekannt vor, ja. Das mache ich auch.

Jason: Und dadurch wurde bei meiner Schwester der Druck rausgenommen. Ich habe mich auch daran gehalten, zu meiner Schwester gar nichts mehr dazu zu sagen, das immer unkommentiert zu lassen, unter der Bedingung, dass mein Papa sich dann wortlos einfach um das kümmert, was übrig bleibt. Und das war der Kompromiss, den haben wir so uns zusammen gegeben. Ich habe meine Seite immer eingehalten, also muss auch mein Papa seine Seite immer einhalten. Und seine Seite bestand dann eben darin, das homöopathisch verdünnt zu trinken. Also radikale Akzeptanz heißt nicht, dass mein Papa alles mitmacht, was ich ihm sage. Das funktioniert auch nicht unbedingt so wie im Film, dass ich diktatorisch die Familienregeln festlege, sondern radikale Akzeptanz heißt, wenn ich ein Problem habe, das Problem ernst zu nehmen und so lange zusammen an einer Lösung zu arbeiten, bis eine Lösung da ist, der wir mehrheitlich zustimmen können und sich dann bedingungslos an diese Lösung zu halten.

0:35:31

Mirjam: Deine Oma hat ja zum Beispiel für diese Filmszene, von der ihr beiden schon gesprochen habt, mit den Nudeln im Bordbistro, wo die Soße die Nudeln berührt hat. Da hat deine Oma eine gute Lösung für gefunden. Sie hat einfach die Nudeln, die Soße abgekriegt haben, mit einer Serviette abgeputzt.

Marco: Ja, dass die Soße aber verschwendet, weil sie an der Serviette ist.

Mirjam: Ohhh!

Jason: Das ging mit drei Jahren, das war mit drei Jahren, da ging das noch. Wäre dann zwei drei Jahre später nicht mehr gegangen.

0:35:58

Marco: Aber ich bin heute noch, glaube ich, da habe ich gerade auch über die Familienvereinbarung gelesen, ich glaube, ich bin über einen Punkt gestolpert, da hieß es aber auch in Sachen der Lebensmittelverschwendung, wenn es denn auch dem Kreislauf wieder zukommt. Heißt, wenn ich zum Beispiel Getränke habe, die länger stehen, ich habe jetzt niemanden, dem ich es verdünnt verabreichen kann, aber ich habe Blumen, die ich damit gießen kann, das wäre dann sozusagen auch etwas, was in dem Sinne den Kreislauf zuführen bedeutet.

Jason: Es geht natürlich nur, wenn es Wasser ist.

Marco: Ja, ich mache das auch mit Tee, ich gieße mit Tee auch meine Blumen, wundern sich einige auch schon, die bei mir sind, aber ich sage: Du, das ist eigentlich angereichertes Wasser, also klar mit Kaffee, Kaffee trinke ich aus, aber Tee gieße ich dann auch mal.

0:36:50

Mirjam: Also diese Familienvereinbarung, die hast du ja auf Zugfahrten, da gibt es eine Dokumentation darüber, richtig entworfen, wirklich wie so ein Gesetz, wie das Grundgesetz der Familie von Juterczenka.

Jason: Also, die habe nicht unbedingt ich entworfen. Die meisten Entwürfe, also Vorschläge, kommen von mir – entworfen bzw. beschlossen wurde sie dann halt natürlich von uns allen vier zusammen nach Mehrheitsprinzip. Aber ja, die Grundstruktur, die Grundrechte, die Grundpflichten, die habe ich so entworfen, aufeinander abgestimmt auch, und dieser Vorschlag wurde dann angenommen.

Marco: Und in dem Paragraf 1 steht ja dann im letzten Satz, die Freiheit des einen endet an der Freiheit des anderen. Das dürfte dich ja dann manchmal auch an Grenzsituationen bringen im Zuge der radikalen Akzeptanz. Gibt es da so Situationen, wo du dann an der Grenze mal so sagen musstest: Ja gut, dann ist das jetzt so?

0:37:47

Jason: Ja, sicherlich. Also es sind immer Kompromisse. Wenn ich zu 100 Prozent das Sagen hätte, dann würden die Fakten regieren. Vollkommen. Dann gäbe es da keine Form von Abweichung. Zum Beispiel eben beim Thema Klimaschutz, das ja bei uns sehr präsent ist. Es hätte keine Übergangsperiode gegeben. Es hätte von heute auf morgen gehießen: So, das ist das Budget an Treibhausgasen, das die Biosphäre Jahr für Jahr absorbieren kann. Mehr dürfen wir nicht mehr ausstoßen. Sorgt dafür, dass das so ist. Kümmert euch darum. Und sobald euer Budget leer ist, wird die Heizung abgedreht und Schluss. Damit konnte ich mich nicht durchsetzen. Das hat keine Mehrheit gefunden. Also gab es den Kompromiss, praktisch einen Emissionspfad zu entwerfen, der dann Jahr für Jahr und so genau auf dieses Budget herunterführt. Und in zwei Jahren werden wir dann dort sein. Also das sind immer Kompromisse, weil eben die Freiheit jeder Person dort endet, wo die Freiheit der nächsten Person beginnt.
Letztlich ist aber dieser Paragraph 1 ja dann eingeschränkt von den Paragraphen, die im Nachhinein kommen und relativiert. Weil, die Freiheit einer Person lässt sich natürlich einschränken durch ein anderes Gesetz, welches mehrheitlich beschlossen wird. Also zum Beispiel die Tatsache, dass man dann Essensreste aufessen muss, wo man sagen würde, ja, das ist ja eigentlich die Freiheit der einzelnen Person und das ist meine Freiheit, die dann dort endet, das jemand anderes aufzwingen zu können. Sie haben aber eben zugestimmt, dass es ein Gesetz gibt, welches die Freiheit des Einzelnen an diesem Punkt einschränkt. Ja, also die individuelle Freiheit ist praktisch zugunsten der kollektiven Freiheit an ganz vielen Stellen durch weitere Paragraphen eingeschränkt.
Aber das Grundprinzip gilt eben, wenn ich etwas tue, was sonst niemanden betrifft, was nur mich selbst betrifft, dann geht das auch niemanden anderes was an. Dann ist das meine Entscheidung alleine. In der Praxis zeigt sich recht schnell, dass dieser Pragraph 1 aber selten zur Anwendung kommt. Also der kommt zur Anwendung bei Schlafenszeiten von meiner Schwester zum Beispiel oder kommt bei Bildschirmzeiten oder so, die es halt nicht geben darf, weil das sind wirklich Dinge, die gehen nur eine Person selbst etwas an. Da greift Paragraph 1. Schon beim Essen aber greift Paragraph 1 nicht mehr, weil es schon dort beeinflusst ja praktisch das Essverhalten jeder Person die Freiheit anderer Personen. Wenn ich viel Treibhausgase ausstoße, dann greife ich damit schon in die Freiheit anderer Personen ein. Das heißt, dann greift dort Paragraph 1 schon nicht mehr unbegrenzt.
Ist ein wichtiger Paragraph, aber greift tatsächlich nur in seltenen Fällen, weil dadurch merkt man auch mal ganz schnell, dadurch merken auch mal meine Eltern ganz schnell, dass es ganz selten wirklich Privatsachen gibt. Dass es ganz selten wirklich Dinge gibt, die keine Konsequenzen für andere haben. Sondern dass wir auf einem Planeten leben und es in aller, aller Regel so ist, dass unser Handeln Konsequenzen für andere Personen hat.

0:40:42

Marco: Stimmt, das wird in dem kleinen Rahmen dann nochmal ganz deutlich. Ich habe da ganz plastisch dieses Pizza-Erlebnis vor Augen, als auch noch drei Stücken Pizza übrig waren und dein Vater das versuchen wollte auszusitzen und sagte: Nee, nee, nee, ich bin satt, lass mal, wir nehmen die mit. Und du dann doch triumphieren konntest, er hat die drei Stücken Pizza sich auch gegeben. Aber warum konnte er die eigentlich nicht mitnehmen, um die später zu essen? Wäre das verschwendend?

Jason: Mittlerweile geht das, also das Problem könnte es so nicht mehr geben, aber ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie es damals war. Es kann sein, dass es damals die Regel gab, dass allgemein Essen nicht mitgenommen werden darf. Heute ist es aber zum Beispiel immer noch so, dass… Es dürfen keine Einwegverpackungen verwendet werden. Das heißt, heute kommen wir noch in ähnliche Situationen, wenn es dann heißt: Okay, wir würden das gerne mitnehmen. Ja, es gibt aber nur Einwegverpackungen, in denen man das mitnehmen kann. Ja, dann müssen wir doch noch so lange sitzen, bis es wer aufgegessen hat. Das kann bis heute passieren. Aber so grundsätzlich, wenn wir irgendwas dabeihaben, worin man das mitnehmen kann, dann unproblematisch.

Marco: Ja, ist nachvollziehbar, stimmt. Eigentlich immer gut eine Dose dabei zu haben, ne? So wie ich ja auch in der Suppenbar immer die Suppen mit unseren Glasbehältern hole.

0:41:54

Mirjam: Wo ich deine Argumentation nicht ganz nachvollziehen kann und wo ich wirklich widersprechen möchte, ist, wenn du meinst, es sind Fakten, die letztlich die Regeln machen. Aber, für mich ist es auch ein Fakt, dass Menschen Schlaf brauchen oder Erholungsphasen brauchen. Und wenn man eure Geschichte verfolgt – was jetzt deine Mutter erlebt hat, das wissen wir ja gar nicht so genau – aber deinem Vater mutest du ja zum Beispiel lange Phasen ohne richtigen Schlaf, ohne richtiges Essen, nur Brot und Wasser und drei Tage altes Wasser oder so und schlimme Unterkünfte auf eurer zweiten Reise, die Osteuropa-Tour, haarsträubende, also Tatorte als Unterkünfte, wo offensichtlich am Tag davor Polizeibänder aufgespannt wurden und in eurem Buch von blutdurchtränken und du sagst, blutbefleckten Matratzen die Rede ist.

Marco: Leicht Gesprenkelt.

Mirjam: Leicht gesprenkelt. Und von Ochsentouren mit tollen Zügen durch wunderschöne Landschaften ohne Klimaanlage, wo dann nach einer Zwölf-Stunden-Fahrt dein Vater sich aufs Meer freut und du dich darauf freust, ihm zu sagen: Äh, äh, du kannst gar nicht ins Meer springen! Und ihm dann danach noch eine neunstündige Nachtbusfahrt irgendwo hinter Sarajevo in die Walachei zumutest, wo ihr dann aussteigt, aus Versehen nicht in Sarajevos Zentrum, und dann nochmal zwölf Kilometer Fußmarsch – weiter ohne Essen und Trinken – hinter euch bringen. Also das einmal kurz so die Abenteuer zusammengefasst in ihrer Drastik.

0:43:23

Jason: Ja, aber da bricht dann einfach das Versprechen die anderen Regeln. Also, mein Papa hat mir zu Beginn dieser Reiseplanung versprochen: Ich mache alles mit, was du machen willst, unter den Bedingungen, die wir schriftlich vereinbart haben. Das war eine ganz vertragliche Übereinkunft. Zum Beispiel, es muss eine Dusche geben in den Unterkünften, das Budget wurde festgelegt. So, das waren die Bedingungen, die mein Papa gesetzt hat. Alle Bedingungen habe ich perfekt eingehalten. Und dann gilt das Versprechen, das er mir gegeben hat. Das Versprechen gilt ganz grundsätzlich, steht auch so in der Familienvereinbarung. Das Versprechen ist in der Familienvereinbarung nochmal besonders geschützt, bricht einfach das andere in dem Fall dann. Wenn man ein Versprechen gibt, gilt das bedingungslos. Er hat das Versprechen gegeben, dass er alles mitmacht, was ich machen möchte und dementsprechend war das alles perfekt gedeckt durch das Recht, was dort passiert ist.

Mirjam: Also diese Fahrt ist ja schon sieben Jahre her, aber wärst du wirklich heute noch genauso radikal?

Jason: Ja. Also, es ist eine weitere fahrt geplant, wie ich am Anfang schon erzählte, hat mein Papa mir versprochen, nach Japan zu fahren und Shinkansen. Das Versprechen beinhaltet ursprünglich natürlich nur Shinkansen fahren in Japan. Aber seitdem dann das Klimaschutzgesetz dazu kam, ist auch klar: Wir können nicht nach Japan fliegen. Das heißt, wir müssen auch nach Japan und zurück mit dem Zug fahren. Und da wird sicherlich – völlig egal ob ich radikal sein möchte oder nicht – das wird automatisch eine sehr, sehr haarsträubende Angelegenheit sicherlich die Anreise dorthin. Weil, es wird viele, viele Wochen dauern, und die Bedingungen werden teilweise sicherlich noch mal niedriger sein als auf Osteuropatour. Aber rückblickend hat mein Papa ja auch gesagt: Es war der beste Urlaub, den er jemals hatte.

Marco: Das stimmt.

Jason: Er hat mir mehr oder weniger rückblickend dann doch recht gegeben. Und ich bin mir sicher, so wird es mit… So wird es dann mit weiteren Reisen genauso sein.

0:45:17

Mirjam: Das sagen Mütter auch über die Geburten ihrer Kinder, sie vergessen dann immer die Schmerzen (lacht).

Jason: Ja, genau.

Marco: (lacht) Interessanter Vergleich! Papa hat also seine eigene Geburt durchgemacht mit dieser Reise.

Jason: Das würde ich nicht vergleichen.

Marco: Nee, das glaube ich auch. Nee, das stimmt.

Mirjam: Ähm. Du schilderst dann, ja, wie du dich darauf gefreut hast, deinem Vater zu sagen – ich muss da einmal kurz noch wieder stecken bleiben bei der Szene. Und das habt ihr auch gestern bewusst bei der Lesung, glaube ich, diese Szene, das wisst ihr beide, dass die beim Publikum gut ankommt. Da gab es dann auch so richtig diese sehr vielsprechenden Lacher. Ich denke, die kannst du auch in ihrer Emotionalität gut auseinanderhalten, so dieses Ohohohoho, dieses Lachen, immer wenn, wenn bei dem Lachen… Ist es richtig, kann ich das Schadenfreude nennen?

0:46:13

Jason: Schadenfreude… Schadenfreude….

Mirjam: Bei dir!

Jason: Ja, bei mir Schadenfreude? Ja, ein bisschen Schadenfreude ist sicherlich dabei. Das Ding ist, dass… Ich würde sagen, ich unterscheide ein bisschen zwischen… Oder anders: Ich unterscheide solche Probleme nach Schweregrad. Ich nehme Probleme, die groß sind, sehr, sehr, sehr viel ernster als viele andere Menschen. Ich bekämpfe sie sehr, sehr, sehr viel ernster als meine Eltern, auch zum Beispiel als mein Papa. So, das nehme ich sehr ernst, da ist dann überhaupt nichts von Schadenfreude, ganz im Gegenteil. Da ist auch keine Möglichkeit, Leid irgendwie auszublenden oder es praktisch eine Zeit lang einfach nicht zu sehen, denn das ist immer irgendwie da. So, und im Vergleich aber eben zu diesem großen, globalen Leid, finde ich dann sowas wie, man freut sich auf das Meer und dann heißt es: Nee, doch nicht. Das sind dann doch noch Formen von Ärgernis oder von Leid, die ich für mild genug halte, um sich ein bisschen darüber lustig zu machen.

Mirjam: Aber was genau findest du daran komisch? Ist das diese erwartbare Reaktion, die du provozieren kannst?

0:47:32

Jason: Ich würde sagen, es ist… Ja, es ist vielleicht so ein bisschen die erwartbare Reaktion von meinem Papa. Weil, ich meine, er hat mir das Versprechen gegeben, und ich mag es zu sehen, wie er mit den Folgen von Versprechen konfrontiert wird. Also, wie er lernt, was Versprechen bedeuten.
Und deswegen, ja, vermutlich war es auch so ein bisschen das, ich will ihm zeigen, was bedeuten Versprechen. Ich will ihm zeigen, wie weit können Versprechen gehen. Ich will ihn auch so ein bisschen runterholen von seiner Überzeugung, die er ja am Anfang der Reise hatte, wo er ja gesagt hat: Ja, ich bin da ganz unbesorgt reingegangen, weil, was mein elfjähriger Sohn schafft, das schaffe ich ja auch. So mäßig. Da habe ich es vielleicht so ein bisschen genossen, ihn auf den Boden zurückzuholen, ihn ein bisschen zu erden. Und dafür zu sorgen, dass er einfach vorsichtiger mit seinen Worten umgeht. Das sind alles vielleicht auch Lektionen, die er von mir lernt.

Marco: Ja, letztlich hat er es ja aber auch geschafft, ne?

Jason: Ja.

Marco: Aber ich finde es nochmal ganz schön, dass du sagst, das ist etwas, was ich voraussehen konnte oder wie hast du es grad ausgedrückt, vorausschauen?

Mirjam: Vorhersehbar habe ich gesagt.

Marco: Vorhersehbar, genau. Weil das ist tatsächlich auch immer ein Grundsatz, den ich oft Menschen mitgebe, die noch relativ fremdeln im Umgang mit Menschen im Spektrum, wo ich sage: Ich glaube, ganz viel Gefallen könnt ihr tun, wenn ihr viel Vorhersehbarkeit schafft. Und die hast du dir ja damit auch geschaffen. Ich kann die Freude auch nochmal ganz anders nachvollziehen, auch wenn wir natürlich da ein bisschen dran hängen bleiben in Sachen Schadenfreude oder Freiheitseingrenzung, aber so wie du das jetzt nochmal skizzierst in dieser Globalität und der schweren Differenzierung, kann ich es nochmal anders nachvollziehen.

Jason: Eben.

0:49:26

Mirjam: Was hast du denn von deinen Eltern gelernt, was du nicht schon wusstest?

Jason: Das allererste, was ich überhaupt von ihnen gelernt habe, war ja eigentlich, wie neurotypische Menschen funktionieren. Sie und meine Großeltern waren die einzigen neurotypischen Menschen ja am Anfang, zu denen ich Verhältnisse hatte. Die eng genug waren, um etwas über sie zu lernen, um mit ihnen über die Dinge des Lebens zu sprechen. Das heißt, anhand von ihnen habe ich gelernt, wie neurotypische Menschen funktionieren. Und sicherlich sind sie nicht ganz repräsentativ. Weil, ich musste dann später herausfinden, dass ich da sehr verständnisvolle, tolerante Prototypen von neurotypischen Menschen hatte (Marco und Mirjam kichern) und längst nicht alle so sind.

Marco: Absolut, ja.

Jason: Das war dann ein Learning, das ich später hatte. Aber ich würde sicherlich sagen, dass sich dieses gewisse Selbstbewusstsein oder dieser, dieser Anspruch praktisch, mit dem ich heute diesen neurotypischen Machtansprüchen so ein bisschen entgegentrete und sage: Nein, ich habe mich dem nicht zu unterwerfen, ich habe mich dem nicht anzupassen, auch ihr müsst euch anpassen, auch ihr müsst euch verändern! Es wird nicht so aussehen, dass ich mich praktisch einfach etwas unterordne, was überhaupt keinen Sinn ergibt, und dass ich auch daran glaube, dass das, was ich logisch wahrnehme, das, was logisch ist, dass ich dahinterstehe, dass ich mir nicht einreden lasse von Menschen, dass das falsch ist. Weil, ich sehe es ja mit meinen eigenen Augen, und ich kann nachdenken. Und ich weiß vollkommen zu 100% sicher: Das, was ich da mache, ist logisch, und das ist das einzig logische Verhalten. Und ich weiß doch auch, wenn ich das mir selbst kombiniere, dass das Verhalten von diesen Menschen unlogisch ist. Und daran zu glauben, nicht daran zu zweifeln, nicht mit meinem Autismus zu hadern, sondern mit den anderen Menschen zu hadern – beides ist nicht schön, aber ich glaube, mit meinem Autismus zu hadern, mit mir selbst zu hadern, wäre viel, viel, viel, viel schlimmer, als mit anderen Menschen zu hadern.

0:51:21

Das ist, glaube ich, etwas, was ich meinen Eltern zu verdanken habe. Weil sie diesen… diese Gratwanderung oder diese Entscheidung, die sie letztlich treffen mussten: Okay, entweder wir pumpen praktisch ihn mit Selbstbewusstsein auf, mit der Gefahr, dass das natürlich, dass er in Reibereien gerät, dass er aneckt, dass das zu Problemen führen wird, diese Haltung. Mit der Alternative aber nur, dass ich mich eigentlich der Gesellschaft mehr oder weniger unterordne. Und die Entscheidung, die sie dort getroffen haben, sehr früh eigentlich mein Selbstbewusstsein zu stärken, sicherlich auch mit dem Wochenend-Rebellen-Projekt. Viele Menschen haben dann Briefe an mich geschrieben, wo sie erklärt haben, warum sie Fan von diesem Verein sind, warum das ihr Lieblingsverein ist. Wir haben recht schnell, mit sechs oder sieben Jahren, hat mein Papa unsere HörerInnen und LeserInnen als Fans bezeichnet, also das waren dann meine Fans praktisch. Das war natürlich ein Selbstbewusstsein, mit dem ich dann in die Welt rausgegangen bin, um Sachen anzustoßen und Sachen zu verändern. Das habe ich sehr wahrscheinlich meinen Eltern zu verdanken.

0:52:26

Mirjam: Ich möchte mal auf so eine tiefere Ebene gehen, weil du viel über Kopfsachen mit uns jetzt gesprochen hast, also Logik, das ist ja alles, sind so Kopfsachen. Aber wenn wir jetzt mal aufs Fühlen und Wahrnehmen gehen, wo unterscheidest du dich da denn am fundamentalsten von deinen Eltern oder von der neurotypischen Welt?

Jason: Das ist sicherlich der Reizfilter, würde ich vermuten, dass bei vielen neurotypischen Menschen das Gehirn einfach ganz unterbewusst, ohne dass das überhaupt Kraft kostet, ohne dass das in das Bewusstsein kommt, ohne dass man es überhaupt merkt, ein Großteil oder sehr viele Reize, die für die aktuelle Situation nicht wichtig sind, funktional rausfiltert. Und von diesem Filterungsprozess merken viele Menschen dann eben auch gar nichts. Das funktioniert bei mir eben längst nicht so gut. Also laute, plötzliche Geräusche, plötzliche Berührungen, lautes Auflachen am Nachbartisch, Angerempelt, das sind alles Dinge, die können einen Tag oder auch eine Woche mal eigentlich völlig zerstören. Und mich auch funktionsunfähig machen letztlich.
Das sind sicherlich auch große Nachteile, die man bei all den Vorteilen, bei den Behilflichkeiten, die man nicht verschweigen darf, die auch zu viel Leid führen können, wenn Menschen sich rücksichtslos verhalten. Aber auch da würde ich wieder eine Behilflichkeit insofern darin sehen, dass diese Reize, die herausgefiltert werden, die sind vielleicht nicht wichtig für die Situation, aber sie sind manchmal trotzdem sehr, sehr cool oder sehr, sehr schön zu erleben. Manchmal. Also, wie gesagt, solche lauten Geräusche, plötzliche Berührungen nicht. Aber Skurrilitäten in der Umwelt, die mir auffallen, wo ich mir denke: Hm, wie cool, wie krass ist das denn? Guck mal, hast du diese Pfütze gesehen oder hast du das Plakat dort gerade gesehen oder hast du diese Wolke gesehen oder wusstest du, dass diese Bahn oder dieses Haus oder was und das diese Geschichte hat? Das sind so Details, die mir halt ins Auge fallen. Und die, wenn ich, wenn ich die dann mit anderen teile, häufig eine Bereicherung zu sein scheinen.

0:54:36

Das ist, würde ich sagen, auf der Wahrnehmungsebene. Es ist, die ganze Welt ist – ich meine, ich habe nicht den direkten Vergleich – aber anscheinend ist die ganze Welt einfach viel, viel, viel intensiver. Weil eben zum Beispiel Dinge, die andere als Hintergrundgeräusche wahrnehmen, bin ich plötzlich so: Ehhh, das war gerade viel, viel, viel zu laut! Oder: Diese Berührung hat sich, das hat sich angefühlt wie ein Schlag, obwohl das nur so ein Anrempeln oder so ein Antippen war. Auf der anderen Seite aber ich eben auch Dinge sehe, die andere gar nicht erst bewusst wahrnehmen. Also anscheinend, würde ich so für mich daraus schlussfolgern, sieht die Welt für mich ein bisschen intensiver aus als für viele neurotypische Menschen.

0:55:19

Mirjam: In unserer zweiten Folge hatten wir Martin zu Gast, der war die ganze Zeit während unseres Gesprächs total irritiert, weil sein Stativfuß, im Gegensatz zu den beiden von Marco und mir, auf einem Bein quasi schwebte, also da war der Mittelpfahl so ausgefahren und das stand einfach nicht regelkonform zu seinem Stativ. Was nimmst du hier gerade wahr? Gibt es irgendwas hier, was deine Aufmerksamkeit fesselt im Raum, und ich weiß es die ganze Zeit gar nicht?

Jason: Also erstmal ganz am Anfang dieses Recording-Schild, das fand ich toll, das hat mich direkt gecatcht.

Mirjam: Das ist hier so ein kleiner Holzkasten, den man zum Leuchten bringen kann.

Jason: Genau, und da steht dann so ‚Recording‘ drauf. Das wollte ich, in der ersten Sekunde wollte ich das auch für Radiorebell haben. Muss ich mir mal anschaffen für unser Podcaststudio. Was mir aber auch dann direkt aufgefallen ist, dass das an einer Seite durch so eine Holzbegrenzung begrenzt ist, auf der anderen Seite nicht, was ich irgendwie logisch finde, weil man muss wahrscheinlich ja dieses Recording-Schild da auch rausziehen können, aber es wirkt sehr, sehr asymmetrisch, dass dort eben auf der anderen Seite kein Holzbalken an der Seite ist, weil man ja auch davor den Holzbalken machen könnte und dann das Schild praktisch dazwischen ziehen könnte, also es ginge ja auch, aber da ist eben keins und dadurch ist der ganze Schriftzug auch asymmetrisch nach rechts.

Mirjam: Muss ich mir mal eben angucken.

Marco: Hmmh, ich kann‘s nachvollziehen.

Mirjam: Okay, ja, das ist so eine (zieht Schild ein Stück heraus und schiebt es wieder rein).

Jason: Genau, hol das Schild mal komplett raus.

Mirjam: Ja, ich hole es mal raus (langsames AufziehGeräusch). Es ist so eine Art milchige Plexiglasscheibe und da drin ist ein Leuchtband, so ein Leucht-LED-Band. Das ist Marke Eigenbau, glaube ich, von einer kleinen kreativen Person im Internet.

Jason: Wie gesagt, es hat mir sehr gefallen. Und mir ist direkt ins Auge gestochen, dass auf der anderen Seite keine Holzbegrenzung ist und dadurch wirkt es total… so ein bisschen unrund und asymmetrisch und es wirkt eben, als wäre der Schriftzug total nach rechts verschoben, obwohl das gar nicht unbedingt so ist, das ist eher eine Täuschung, aber das ist mir direkt ins Auge gefallen, ja.

0:57:21

Mirjam: Wenn etwas kein Ende hat, das gefällt dir ja auch nicht.

Jason: Wobei anders. Wegen dem Alltag oder beim Reisen darf es oft kein Ende haben. Da ist ein Ende oft ein Problem. Aber hier sind es Symmetriegründe. Symmetrie, ich habe eine besondere Beziehung zur Symmetrie. Auch mein wissenschaftliches Interesse hat sich relativ früh, ich war jetzt am CERN zum Beispiel im Februar ja, hat sich dort, im Januar glaube ich, hat sich ganz schnell physikalischen und mathematischen Symmetrien praktisch gewidmet. Sprich, Größen, die sich bei bestimmten Transformationen nicht verändern, die konstant bleiben, die gleich bleiben. Invarianten, Symmetrien, CP-Symmetrie gibt es dort zum Beispiel. Symmetrien haben mich immer fasziniert, von den ganz einfachen hier, wo wir gerade waren, der Achsensymmetrie, die dann gebrochen ist, wirklich bis zu komplexen Symmetrien in der theoretischen Physik. Die fand ich immer toll. Und ich fand auch immer Konstanten gut, also Dinge, die irgendwie gleich bleiben. Auch das hat man natürlich in der Wissenschaft, die Naturkonstanten, die immer gleich sind, die Naturgesetze, die keine Ausnahmen kennen auch. Immer im Gegenzug zu den Gesetzen, die von uns Menschen (Marco schmunzelt). Die Naturgesetze, die bricht niemand, die kann man nicht brechen, die sind absolut. Und es interessiert auch überhaupt nicht, wer was labert oder wer was sagt oder behauptet oder ankündigt und dann nicht umsetzt, das ist völlig egal. Die Naturgesetze, sie sind so wie sie sind und sie werden immer so sein. Und diese Autorität der Naturgesetze, das ist glaube ich das, was mich so fasziniert, dass ich Physiker werden möchte.

0:59:01

Mirjam: In den Wochenendrebellen nennst du dich sogar schon Physiker, ich bin Physiker, der Satz taucht da auf.

Jason: Nachwuchs, Nachwuchsphysiker, am SFN, genau, ja.

Mirjam: Bist du ja auch.

Marco: Das kann ich so auch gut nachvollziehen. Du bist ja schon seit frühester Zeit mit Physik befasst, ne?

Mirjam: Ja, fand ich auch…

Marco: Mit dem… war das in Kassel? Also wo du das erste Mal dann mit diesem Physiker zusammenkamst und gesagt hast: So, ich komme jetzt nicht in den Kinderklub, sondern ich möchte bitte hier ein richtiges Forschungsprojekt haben! Ich glaube seitdem bist du an der Chaos-Theorie am Forschungsprojekt.

Jason: Genau, da habe ich jetzt vorgestern mein Kolloquium zu gehalten, zu diesem Projekt.

Mirjam: Wie ist das ausgegangen?

Jason: 15 Punkte, also sehr, sehr gut.

Mirjam: Gab es Applaus?

Jason: Ja, Applaus ist glaube ich in einer Prüfung nicht üblich. Es war eine Prüfungssituation, da ist kein Applaus üblich, aber mir wurde sowohl für die 15 Punkte als auch für das Projekt insgesamt wurde mir gratuliert.

Mirjam: Hast du da was, ein Objekt mitgebracht oder hast du Chaos gestiftet, hast du irgendwas auf den Tisch geschmissen?

Jason: Nee, ich hab tatsächlich meine Präsentation sehr plain gehalten und bin auf die Theorie, also es ist ja ein sehr theoretisches, abstraktes Projekt. Ich hab Anschauungsobjekte, chaotische Schwingungen, das genannte polische Rad oder das Chaospendel, wo eben man dann Schwingungen sehen kann, die sich chaotisch verhalten. Ich wollte aber die Aufmerksamkeit nicht auf das lenken, sondern ich wollte die Aufmerksamkeit auf meinen Worten haben, auf dem, was ich sage, auf den Dingen, die ich herausgefunden habe, auf den Rechnungen. Entsprechend hab ich ganz bewusst meine Folien erstellt und hab sie vorgestellt, damit die Aufmerksamkeit wirklich auf meinen Worten liegt. Das ist auch das, was ich am Medium Podcast so schätze, dass gegenüber Social Media, Videos oder Posts zum Beispiel, dass nur das gesprochene Wort zählt. Ich muss mich nicht über meine Mimik oder Gestik Gedanken machen und auch das äußere Auftreten, das Aussehen spielt keine Rolle. Das gefällt mir am Medium Podcast.

1:00:58

Der Mensch, der heute uns ein bisschen am Anfang aufgenommen hat, ist auch inzwischen schon gegangen. Eventuell haben wir ab und zu etwas unsere Holzdielen hier knarren hören.

Marco: Jaja, das hat mich tatsächlich ein bisschen abgelenkt.

Mirjam: Aber es ist ein gemütliches Geräusch, finde ich. Also ich meine, vom Chaos nochmal zum vermeintlichen Chaos im Stadion: Also das wird ja während des Films auch deutlich, was das für, also alle kennen ja, also so gut wie, ich setze mal voraus, ihr, die ihr da zuhört, ihr habt alle entweder schon mal ein Fußballstadion besucht oder zumindest, oder ein Festival, irgendein Konzert oder sei es auch nur ein Schulfest, wo Menschenmassen herumlaufen. Jetzt habe ich hier drei Sachen genannt, zwei davon findest du super und eine, das letzte, Schulfest, vermutlich grauenvoll. Also in deinen Büchern erklärst du es sehr gut, aber erklär‘s nochmal unseren Zuhörern, was genau der Unterschied ist von diesen chaotischen Bedingungen in einem Stadion, die du ja inzwischen zu genießen scheinst oder auf einem Rockfestival und in der Schule.

1:02:10

Jason: Es ist ein Abwägungsprozess, ja. Es ist nicht so, dass die negativen Eigenschaften, die man auf einem Festival und einem Fußballstadion findet, und die man auch auf einem Schulfest findet, nämlich die vielen, vielen Menschen, die plötzlichen Lautstärken, die Gefahr von Berührung, ist es nicht so, dass es das ist, was ich im Stadion oder im Festival genieße. Das ist immer noch ein Problem, auch im Stadion oder im Festival, genauso wie auf dem Schulfest. Gibt ja auch überhaupt keine Ursache, warum das im Stadion plötzlich anders sein sollte. Das sind ja Persönlichkeitsmerkmale und Eigenschaften, die verändern sich nicht so einfach. Aber es ist eben ein Abwägungsprozess, dass ich eben im Stadion oder im Festival so viele positive Dinge erlebe, dass ich sage: Das ist es wert. Das ist vieles wert. An einem gewissen Punkt ist natürlich Schluss, aber das ist vieles wert. Dafür bin ich bereit, einiges zu ertragen. Und ich habe jederzeit die Kontrolle darüber. Ich entscheide, was passiert im Stadion oder auf einem Festival. Ich entscheide, gehen wir, bleiben wir, wo setzen wir uns hin, was machen wir. Mein Papa macht im Zweifel so eine Blase um mich herum praktisch, wenn wir Tickets kaufen oder wenn zu viele Menschen an einem Ort sind.
Also meine Bedürfnisse stehen zu 100% im Mittelpunkt in dieser Situation. Und das macht sie Trotz dieser widrigen Umstände, im Prinzip deutlich, deutlich angenehmer und auch leichter zu ertragen, als viele, viele Situationen alltäglich im Schulbus oder im Unterricht, wenn alle durcheinander sprechen. Da habe ich niemanden, keine Person, die mir hilft, häufig. Und dort stehen meine Bedürfnisse nicht im Mittelpunkt. Dort bin ich nicht freiwillig. Dort… Also wenn es nicht geht, dann gehe ich da auch einfach dann und gehe. Das ist auch abgeklärt mit den LehrerInnen. Aber es ist trotzdem eine ganz, ganz andere, fremdbestimmte Situation im Vergleich zum Stadion oder zum Festival.

Marco: Zum Stadion oder ins Festival zu gehen, hat ja auch eine intrinsische Motivation, die ist so groß, dass dann auch die negativen Aspekte in Kauf genommen werden, vielleicht auch ein bisschen im Sinne einer Energiebilanz. Also die Schönheiten, die man aus dem Festival, also beim Festival kann ich es auch sehr gut nachvollziehen, weil ich auch regelmäßig seit zehn Jahren mit meinem Sohn auf Metal-Festivals fahre. Und die sind so groß, dass dann die Unannehmlichkeiten nicht schwer genug sind, als dass sie das verhindern würden.

1:04:40

Mirjam: Bei einer der letzten Podcast-Folgen hast du das, glaube ich, erzählt. Du warst ja in Berlin und hast auch vor Ärzten und Ärztinnen einen Vortrag gehalten und hast dann von Berlin geschwärmt, dass du dich da so sicher fühlst in dieser Großstadt. Im Gegensatz zu deinem Heimatort, wo du dich nicht so gerne alleine bewegst. Und die Begründung fand ich interessant, dass du meintest, in Berlin ist das Angebot an Menschen so groß, dass du praktisch, egal wo du hinguckst, immer Menschen siehst, wo du von deren Auftreten, also irgendwelche Symbole, die sie tragen, bunte Haare oder einfach ihre Freundlichkeit, daraus schließen kannst: Hier sind Menschen, an die kann ich mich halten. Also ich habe das Gefühl gehabt, sogar dich emotional, selbst wenn du mit ihnen gar nicht Kontakt hast, so ein bisschen festhalten, weil du ihnen begegnest in diesem öffentlichen Raum. Ist das so?

Jason: Ja, also es braucht schon konkrete Anhaltspunkte. Ja, es ist nicht so, dass ich eine Person sehe und denke, nett oder nicht nett. Das habe ich gar nicht, das fehlt mir irgendwie komplett. Aber wenn ich ausdrücklich etwas sehe, was ein Indikator für Vertrauen ist, zum Beispiel ein cooler Button, cooler Anstecker, am Rucksack coole Symbole, die irgendwie getragen werden. Oder eben, keine Ahnung, Schriftzüge auf Kleidungsstücken, oder tatsächlich auch, ich sehe sie im sozialen Umgang mit anderen Menschen und sehe, dass sie vertrauenswürdig sind, dann ist es natürlich eine große Hilfe, weil man weiß, dass man sich theoretisch in einer problematischen Situation an so jemanden wenden könnte.

0:54:26

Und ich habe überhaupt in den letzten Jahren, das hat sich durch die Corona-Pandemie deutlich verschlimmert, tendiere ich dazu, Menschen als Gefahr wahrzunehmen, häufig. Also es ist mir ganz aufgekommen, wie unterbewusst das ist, dass ich… dass ich mit großem Misstrauen irgendwie auf Menschen im ganz Allgemeinen blicke. Ja, also wenn ich durch die Straßen gehe, dann ist irgendwie so eine innere Einstellung in mir, die gar nicht bewusst ist, sondern die einfach so ein bedrückendes Grundgefühl, dass das eigentlich alles Gefahren sind, dass die mir eigentlich alle irgendwas wollen, so. Und das wurde halt in der Corona-Pandemie bestätigt, in der sich sehr viele Menschen extrem rücksichtslos verhalten haben, wo mir irgendwie demonstriert wurde, ja, die sind tatsächlich irgendwie alle böse oder so. Das war so mein Gedanke. Und es wurde mir dann, ja, jedes Wahlergebnis, wo man sieht, ja okay, 30 Prozent wählen eine Partei, die mich gerne von meiner Schule ausschließen würde in manchen Regionen Deutschlands.

1:07:12

Mirjam: Weil die AfD keine Inklusion fördern würde, also abschaffen würde.

Jason: Und das bestätigt mich halt auch immer wieder, wenn ich so denke, okay, ich blick mich so um, wie viele Menschen würden mich am liebsten eigentlich gerne irgendwie, ja, verbannen? Und das alles führt dazu, dass mein Menschenbild, was ich total schade finde, sich sehr verschlechtert hat in den letzten Jahren. Und hinzu kommt in meinem eigenen Wohnort, dass ich tatsächlich berechtigte Sicherheitsbedenken habe, weil es schon mehrmals Angriffe auch gab von Neonazis in meinem Wohnort. Dementsprechend ist das nochmal eine Sonderstellung. Aber ja, da hat dieses Wochenende in Berlin mir tatsächlich recht gutgetan. Weil klar, auch dort, wenn ich da abends laufe, fühle ich mich auch nicht sicher, logisch. Aber wenn ich zum Beispiel in der S-Bahn bin oder auf einer, keine Ahnung, auf einer Demonstration, auf der ich dort war oder überhaupt in vielen so Mikrosituationen im Alltag, war es dann doch, hat es mein Menschenbild so ein bisschen geupgradet, dass ich ja doch überall, wo ich hingucke, irgendwie Menschen gesehen habe, die coole Dinge gemacht haben oder coole Dinge an sich hatten. Und das hat mich so ein bisschen für so einen Moment von diesem Gedanken oder von dieser Einstellung weggebracht, dass die eigentlich alle eine Gefahr für mich sind, dass die mir alle irgendwas wollen.

1:08:32

Marco: Gerade nach dem Erlebnis im Zug, das du in der vorletzten Podcast-Folge beschrieben hattest mit diesem Kegel-Club und Junggesellinnen-Abschied oder was das da war.

Jason: Genau, das war der erste Punkt. Ich war davor für einen Termin in Monheim und bin mit dem Regionalexpress gefahren. Und da war dann eben so ein Kegelklub und eine Junggesellinnen-Abschied. Die waren alle zusammen in diesem Regionalzug und haben sich extrem, extrem rücksichtslos verhalten. Menschen angerempelt, laut geschrien und gelacht, laut aufgelacht, gespuckt. Also, es war alles total rücksichtslos. Hat sich aber niemand so richtig daran gestört, außer mir, der eben wirklich total exponiert zwischen allen saß. Und dann habe ich mich auf der Toilette eingeschlossen. Das war mein erster Dämpfer wieder fürs Menschenbild. Ja, die setzen sich in den Zug und verhalten sich so, denken so, der Zug gehört ihnen, der Planet gehört ihnen, gefühlt, so haben sie sich verhalten. Und ja, niemand hat wirklich was gemacht, ja. Die anderen, ich war nicht in der Lage, irgendwas zu machen, aber andere waren sichtlich in der Lage, etwas zu machen. Die waren überhaupt nicht berührt davon, aber angeblich sind sie sympathisch, aber sie machen trotzdem nichts. Das war der erste Dämpfer. Und der zweite kam dann, als ich online von der Geschichte erzählt hab, und die Kommentare kamen, die auch voll von Ableismus waren, in der alle, wirklich so viele Menschen, mich verantwortlich gemacht haben, dafür, dass ich die Toilette blockiere, mir teilweise Ableismus vorgeworfen haben, dafür, dass ich die Toilette blockiere, auch wenn ich gar keine Wahl habe, ich hatte keine andere Option, ja. Das war alternativlos so. Ich war sehr enttäuscht, auch aus der autistischen Community teilweise kam dann sowas nach dem Motto, ja, ich kann das ja nachvollziehen, aber da musst du dich dann halt einfach, da musst du durch, so. Nein, es gibt keine andere Option! Ich hätte nicht weiterfahren können, ansonsten. Es wäre nicht anders gegangen. Die Toilette war der einzige, einzige Ort, der möglich war, alles andere war unmöglich, buchstäblich unmöglich. Und wenn mir dann aber eben Menschen vorwerfen, ich hätte die Toilette blockiert, und dieser, wirklich dieser Ableismus, diese doppelte Standards, die dort angelegt werden an mich, und an diesen Kegelclub, in ihrem Verhalten, in ihrer Rücksichtslosigkeit. Niemand wirft diesem Kegelclub vor, sich rücksichtslos verhalten zu haben, obwohl die völlig ohne Not, völlig ohne Not sich so verhalten haben. Einfach nur, weil sie es konnten, waren sie rücksichtslos. Ich wiederum war getrieben durch diese Situation, und mir wurde Rücksichtslosigkeit vorgeworfen. Nicht nur von Rechten, von denen ich das gewöhnt bin, sondern wirklich auch aus der, ja, autistischen Community. Das hat mich in meinem Menschenbild tatsächlich sehr, sehr, sehr stark wieder zurückgeworfen, und auch ein bisschen schockiert. Und all diese Dinge, sowas passiert jede Woche, sowas passiert auch jetzt gerade wieder auf meinen Accounts, wenn man mal guckt. Das ist natürlich ein Dämpfer fürs Menschenbild, auch wenn es ein sehr selektives Menschenbild ist, man kriegt natürlich auch wirklich nur die Scheiße, sag ich mal, mit. Und ich weiß natürlich auch durch meine Kontakte mit Menschen, die ich durch Wochenendrebellen habe, dass es sehr, sehr, sehr viele andere gibt, dass das auch die Mehrheit ist. Trotzdem ist es echt harte Arbeit, mein Menschenbild positiv zu halten.

1:11:37

Marco: Mich hat das noch zu der Frage gebracht, weil du hattest ja da auch im Podcast geschildert, dass da im Nachhinein nochmal so eine große, große Wut aufkam. Und da kam mir nochmal die Frage auf, wie ist das denn für dich früher und heute, wie kanalisierst du deine Wut oder wie gehst du jetzt mit deiner Wut um? Also es gibt bestimmt einen Unterschied, also wie hast du diese Wut dann für dich kanalisiert und wie hast du das früher gemacht?

Jason: Ich beobachte bei mir tatsächlich so ein bisschen eine leichte Verschiebung von Meltdowns zu Shutdowns eher, also es kommt ab und zu auch noch zu Meltdowns tatsächlich, in denen es dann praktisch explodiert, in denen es nach außen strömt, passiert, aber es implodiert auch ziemlich häufig, sodass ich dann für eine lange Zeit nicht spreche oder nicht reagiere, mich praktisch abkapsele von der Außenwelt, das ist die unmittelbare Reaktion eines von beiden. Früher war es eigentlich immer der Meltdown, mittlerweile kann beides passieren, ich weiß gar nicht genau, woran das liegt, und im Nachhinein versuche ich diese Wut dann möglichst rational, ja, auch letztlich gewinnbringend zu kanalisieren, indem ich sage: Okay, was kann ich damit machen? Wie kann ich das konstruktiv praktisch einbringen? Und ja, deswegen bin ich ja jetzt auch hier und erzähle wie unmöglich und furchtbar ich dieses Verhalten finde, weil ich diese Wut am besten mit anderen Menschen teile, um ihnen die Chance geben zu geben, besser zu werden, ja, um ihnen die Chance zu geben, nicht so zu sein wie eben dieser Kegelclub. Und um wirklich ganz offensiv einfach mal mit demselben unverschämten Machtanspruch wie die neurotypischen Menschen sich dort ohne darüber nachzudenken an den Tag legen, wie sie indem sie im Zug sich so verhalten, mit diesem selben Anspruch in die Welt rauszugehen und zu sagen: So könnt ihr euch nicht mehr verhalten. Ihr müsst euch dort an diesem Punkt müsst ihr euch uns anpassen.

1:13:44

Marco: Ja, oder allgemein im menschenfreundlichen Sinn, weil auch andere Menschen ja froh sind, wenn es halbwegs ruhig im Zug ist und man in Ruhe fahren kann. Aber für dich ist es ja noch mal existenzieller, weil du bist darauf angewiesen, da zu fahren. Und hast du eine Strategie, um dann wieder zu dieser Rationalität überhaupt zurückzukommen? Weil ich denke, im Moment der Wut oder im Moment der höchsten Erregung, auch der Reizüberflutung, ist ja erstmal nicht viel Rationalität möglich, oder?

1:14:12

Jason: Ja, man muss abwarten. Also, man weiß ja, wenn man einen Meltdown hat, weiß man ja, dass das gerade ein Meltdown ist, oder wenn man einen Shutdown hat, weiß man, dass das gerade einer ist, und man weiß, dass man den… Man denkt in dem Zeitpunkt ja auch nicht drüber nach, was man jetzt genau macht, sondern der ist dann, der dauert. Und dann ist er irgendwann vorbei. Und dann braucht es eine gewisse Zeit, und die Wut wird dann nicht, die Wut wird nicht weniger, die Wut ist immer da, die ist auch jetzt noch da, aber dann kommt eben die Fähigkeit zu rationalem Handeln zurück.

Marco: Mhm.

Mirjam: Und gibt es, geht dann auch irgendwann ein Fenster auf, dass andere Menschen dich unterstützen können dabei, also das mit dir zusammen zu durchdenken und zu bewerten oder nach Lösungen zu suchen?

Jason: Ja, danach dann. Also während des Meltdowns und der Shutdowns selbst, nein. Präsenz ist da grundsätzlich auch gut. Also einfach existieren, da sein, aber nichts machen. Und danach kommt dann der Zeitpunkt, wo sie sich konstruktiv einbringen können. Wo sie mir helfen können, wo wir zusammen darüber sprechen können, wie kann man das künftig vermeiden, wie aufarbeiten: Was hat dazu geführt, was kann man tun, damit das nicht mehr passiert und welche Konsequenzen zieht man auch für sich und für die anderen daraus? Welche Konsequenzen müssen sie spüren, welche Konsequenzen sind angemessen?

1:15:26

Marco: Ja, ich glaube, wichtig ist nochmal, was du eben sagtest, während des Meltdowns präsent sein, aber jetzt nicht so viel zutexten, ansprechen.

Jason: Nein, gar nicht so.

Marco: Ich weiß nicht, ob es noch Möglichkeiten gibt, die Situation zu verändern, indem man irgendwie dir Signale sendet, dass du irgendwie die Situation verlassen kannst. Im Zug geht es natürlich nicht, da hast du das ja anders gelöst. Auch in dem Wissen, also du sagtest gerade, du weißt ja dann, dass du einen Meltdown hast. Aber ich glaube, das heißt, es ist ja nicht gleichbedeutend, dass du dann über deine Impulse verfügen kannst.

Jason: Nein, nein, nein.

Marco: Die Impulskontrolle ist ja außer Kraft. Aber dieses, was für mich immer noch so spannend ist, ist die Frage, was hast du für eine Strategie, um dann sozusagen das abzuwarten? Also, einerseits weißt du oder beziehungsweise du spürst, du bist in einem Meltdown oder in einem Zusammenbruch, kannst also nichts daran ändern, aber gibt es dann trotzdem einen kurzen Gedanken, der dir dann sagt, abwarten, abwarten, keine Ahnung, fokussierst du dich auf den Atem oder denkst du an was Physikalisches oder was ist deine Strategie?

Jason: Gar keine. Das muss, das muss raus. Also mein allerletzter Gedanke in so einer Situation ist: Wie mache ich das jetzt für mein Umfeld möglichst verträglich, und wie sorge ich dafür, dass es nicht explodiert.

Marco: Nee, das ist klar, das ist klar.

Jason: Wenn so ein Meltdown da ist und ich merke: Okay, es wird zu einem Meltdown, nicht zu einem Shutdown, es kapselt sich nicht ab, sondern es muss raus, dann lasse ich’s raus. Die Personen, die dann da sind, tun mir im Rückblick leid, aber das sind dann halt oft auch diejenigen, die es verursacht haben, also oft geschieht es ihnen auch manchmal sogar ganz recht. Da gibt’s keine, also da ist nicht mehr die Möglichkeit da, zu dem Zeitpunkt, wenn’s schon ein Meltdown ist, wenn der Overload schon da ist, gibt’s nichts, was das noch verhindern oder aufhalten kann. Kein Gedanke, an den man sich erinnern kann, sondern dann ist das irreversibel, da ist einfach der Point of No Return überschritten. Man… vorher, bevor es überhaupt so weit gekommen ist, da greifen die Strategien.

1:17:32

Marco: Stimmt, also dann sowas wie Stimmings, dass du dann diesen Overload noch halbwegs handeln kannst. Ja, ich meinte auch nicht den zu verhindern, also das, ich hoffe nicht, dass du das falsch verstanden hast. Also nicht im Sinne von verhindern, damit wir neurotypischen Menschen unsere Ruhe haben, sondern eben das für dich eben aufhaltbarer, überstehbarer zu machen, ne, so, ja.

Mirjam: Wenn Eltern solche Momente miterleben, dann ist das oft so, dass sie sich selber Vorwürfe machen. Also es tut ja weh, das zu beobachten, also das mitzuerleben. Und die fragen sich dann oft, wie hätte ich das verhindern können? Was hätte ich an den Umständen ändern können? Hast du im Nachhinein mit deinen Eltern über so besonders krasse Momente gesprochen und habt ihr dann geklärt, was hätten wir tun können, um das zu verhindern?

Jason: Ja, über diese Nudelszene. Also das ist ganz individuell, jeder Overload oder jeder Meltdown hat einen eigenen Auslöser, und man kann nicht sagen, also man muss für jeden einzelnen Auslöser individuell sagen: Was hätte man vielleicht tun können. Bei dieser Nudelszene zum Beispiel im Bordbistro, wo die Nudeln die Soße berührt haben, und dann ist es eben zum Meltdown gekommen, sind wir zum Beispiel, wir haben das nachbesprochen und sind zu dem Ergebnis gekommen, es war nicht vermeidbar, man hätte nichts tun können, man hätte es nicht verhindern können. Die Situation war völlig ausweglos, sie hatte keine Lösung. Ich konnte das Essen nicht essen, weil es hätte gegen die Regel verstoßen, ich konnte es meinem Papa nicht geben, weil es hätte gegen die Regel verstoßen, ich konnte es nicht stehen lassen oder zurückgeben, weil es hätte gegen die Regel verstoßen. Es gab keinen Ausweg, der Meltdown war völlig unvermeidbar. Sicherlich, was ein Fehler von meinem Papa war, war mich dann zu greifen und rauszuziehen. Das hat auch die Phase, in der ich ihn nicht verzeihen konnte, noch mal deutlich verlängert. Das war ein Fehler. Aber an sich hätte man an der Situation nicht viel ändern können. Da trägt auch niemand die Schuld dran. Also da trägt mein Papa nicht die Schuld dran, da trage ich erst recht nicht die Schuld dran. Da trägt dieser… am ehesten vielleicht noch der Kellner die Schuld dran, aber auch er hat wahrscheinlich die Ernsthaftigkeit der Situation überhaupt nicht überblicken können, was es bedeutet, wenn es die Nudeln berührt. Da trägt niemand so wirklich die Schuld dran. Das ist einfach so. Das kann man nicht verhindern. Damit muss man sich, damit muss man leben, das wird so sein.
Andere Meltdowns hatten Situationen, wo wir danach ganz klar sagen konnten, da war der Punkt, den verhindern wir so und so. Zum Beispiel in der Schule, es ging zum Jackenständer.

1:19:50

Alle sind praktisch gleichzeitig nach dem Gong rausgelaufen. Ich wollte meine Jacke holen, wurde von Leuten angerempelt und die Leute, die mich angerempelt haben, den habe ich dann in die Schienenbeine getreten, um mir halt einen Radius um mich herum freizuschaufeln. Und das ist dann völlig eskaliert und ist bei der Lehrerin gelandet. Und da konnte man dann im Nachhinein praktisch aufarbeiten. Okay, es war so, wir sind alle gleichzeitig dort hingelaufen. Die wollten mich gar nicht anrempeln oder angreifen, sondern das war durch die Situation so gegeben. Ich habe es trotzdem als Angriff wahrgenommen. Ich hatte das Recht, mich zu verteidigen dementsprechend. Dementsprechend trägt auch dort niemand wirklich die Schuld. Aber es lässt sich ganz leicht lösen, indem ich meine Jacke einfach mit an meinen Platz nehme. Also es gibt auch solche einfachen, lösbaren Situationen.

1:20:38

Mirjam: Du bist jetzt erwachsen. Und sogar bald hast du dann sogar dein neunzehntes Lebensjahr hinter dir und hast jetzt einen ganz großen nächsten Schritt vor dir, wenn du zu studieren beginnst, sogar in einem anderen Land, in der Schweiz. Dein Vater hat gestern gesagt, er weiß immer noch nicht so ganz, wie er das überhaupt familiär stemmen sollt. Was hast du denn für Pläne, um diesen Übergang zu schaffen? Also ganz konkret, wirst du da dir eine Zweitwohnung suchen? Was sind deine Pläne?

Jason: Also die Pläne werden natürlich alle zusammen auch im familiären Plenum gefasst und beschlossen, nach Mehrheitsprinzip. Aktuell sieht es danach aus, dass wir als Familie tatsächlich zwei Standbeine haben, einen eben in Kassel und einen in Zürich. Wie genau dann praktisch die Aufteilung aussieht, ist noch nicht besprochen, ob praktisch wir sagen, erstmal bin ich unter der Woche dort alleine und pendel dann am Wochenende und in den vorlesungsfreien Zeiten nach Hause, und während der Vorlesungszeiten kommt mal jemand praktisch nach Zürich zu mir. Oder ob wir sagen, wir teilen uns 2-2 auf, ein Elternteil kommt erstmal mit mir, eins bleibt in Kassel, und wir tauschen regelmäßig und besuchen uns für diese drei Jahre Übergangszeit. Ein solches Modell in der Art wird es dann geben für diese Zeit, bis dann aber auch, das wird auch in dem entsprechenden Gesetz, welches dann dafür geschrieben wird, verankert sein. Dass nach spätestens 3 oder optional einer weiteren Verlängerung um 5 Jahre dieser Zustand dann auch wieder aufgehoben wird und alle wieder an einem Ort leben. Aber ja, jetzt für diese Übergangszeit ist es so, dass wohl oder übel, um mein Ziel zu erreichen, um Wissenschaftler zu werden und um damit einfach diesen Weg zu gehen, der notwendig ist, um die Welt besser zu machen und um sie gerechter zu machen, da kommen wir um diese unangenehme Situation nicht drum herum, dass sich ein bisschen was ändern wird. Aber auch diese Veränderungen, die werden moderiert und die werden sich in Grenzen halten.

Mirjam: Es gibt in Kassel offensichtlich oder in Hessen so eine schöne Tradition mit diesen Abiturienten-Postern, da hattest du so einen Banner von dir, auf dem du lächelst. Das fand ich ganz lustig, da haben dann… ganz viele Kommentare bezogen sich dann darauf: Endlich lächelt er mal, du hast so ein schönes Lächeln und so (Jason schmunzelt). Da stand aber auch drauf, ein Spruch deiner Schwester, ich weiß nicht mehr genau, aber zumindest: Jetzt kriege ich dein Zimmer! Und von deinen Eltern so ganz klein am Rand: Wir sind so stolz auf dich. Hat deine Schwester wirklich damit spekuliert, dein Zimmer zu kriegen?

1:23:21

Jason: Also ganz streng genommen gibt es ja gar nicht mein Zimmer, sondern das gesamte Haus ist im Gemeinschaftseigentum und jedem Mitglied ist praktisch ein Bereich zugeordnet, in dem es weitgehend autonom sich ausgestalten darf. So ist das geregelt. Und wer halt welches bekommt, das ist auch nach Mehrheitsprinzip festgelegt. Aber ja, meine Schwester und ich haben schon länger darüber nachgedacht, das mal zu tauschen. Und jetzt, wo ich halt dann einfach weniger Zeit dort verbringen werde, weil ich in der Woche eben wahrscheinlich in Zürich bin, sehe ich kein Problem mehr, einzuwilligen, tatsächlich mit meiner Schwester diesen Bereich zu tauschen.

1:24:06

Mirjam: Ich habe noch etwas mitgekriegt, so am Rande, da wurde ein Mario erwähnt oder der Marius, was habe ich mir…

Jason: Marius.

Mirjam: Marius, der offensichtlich einspringt, wenn dein Vater beruflich so eingebunden ist, dass er mit dir nicht Stadien besuchen kann.

Jason: Ja, nicht einspringen, aber er ist auch ein Wochenend-Rebellen-Supporter, der uns schon ganz früh unterstützt hat, der Lesungen für uns organisiert hat, in Leverkusen beispielsweise. Und neulich zum Beispiel war ich mit ihm dann mal bei Viktoria Köln, weil mein Papa konnte nicht und er hat mich eingeladen. Also habe ich das mit ihm gemacht, aber die Regel ist das nicht.

Mirjam: Du hast erzählt, dass der Marius durch den Kontakt mit euch und durch eure Erlebnisse jetzt zum Autismusbegleiter sich hat ausbilden oder fortbilden lassen.

Jason: Er war, soweit ich weiß, schon, das war sein Plan, er war praktisch Schulassistent und darüber hat er dann, glaube ich, Kontakt zu uns aufgenommen oder erstmal zu meinem Papa. Und hat eben viel mit mir gesprochen und er sagt eben, dass er durch uns und durch unsere Geschichte eben sehr, sehr, sehr viel gelernt hat, was er in diesem Beruf dann auch nutzen kann, ja.

Mirjam: Ist das denn auch eine Option, dass du zum Beispiel an deinem Studienort noch zu einem weiteren Menschen so eine enge Beziehung aufbaust, dass dich auch jemand, der nicht zum Familienkern gehört, dich irgendwie begleitet und dich ein bisschen beschützen kann oder stützen kann?

Marco: Du meinst im Sinne einer Studienassistenz.

Mirjam: Studienassistenz oder – das bietet zum Beispiel der Martins Club an – ambulant betreutes Wohnen.

1:25:43

Jason: Das wird sich zeigen. Also ich denke, das wird man viel durch Erfahrungen auch sammeln. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass das deutlich unproblematischer funktioniert, als man sich vorstellt, weil auch das wieder so eine selbstbestimmte Situation ist. Ich bin dort, weil ich dort sein will. Ich bin dort mit Begeisterung. Weil ich dort zur Uni gehen will, weil ich was verändern will. Und dadurch kann ich mir auch vorstellen, dass ich, dadurch, dass ich mit diesem Spirit da reingehe, dass das leichter wird, als wir es uns jetzt vielleicht vorstellen. Vielleicht klappt das auch alles. Vielleicht reicht es oder vielleicht bin ich ausreichend sozusagen mit eventuellen Freundinnen, Freundschaften, die ich dort finde, die ja auch eine gewisse Stütze sein können, die auch helfen können. Eventuell reicht das. Und wenn es nicht reicht, dann schauen wir nach einer Lösung. Ob das dann praktisch eine Begleitung, eine Assistenz ist, ähnlich wie ich es in der Grundschule hatte oder ob mein Papa praktisch dann oder meine Mama zu mir runterkommen für diese Zeit, wird sich zeigen. Ich bin da optimistisch.

Mirjam: Du hast ja auch inzwischen zwei oder drei enge Freundinnen oder Freunde.

1:26:44

Marco: Aber es zeigt auch mal, die intrinsische Motivation kann viele Unannehmlichkeiten aufwiegen, wenn sie groß genug ist, wo dann ja auch wieder der Energiehaushalt einen Ausgleich bekommt. Dadurch, dass es ja dein ganz großes Bedürfnis ist, dort zu studieren und Wissenschaftler zu werden.

Mirjam: So als Podcaster haben wir ja gemeinsam so ein Ziel, ich glaube von euch beiden, deinem Vater und dir und von uns, aus dieser Bubble von Menschen, die sich für Autismus interessieren oder bei euch, dann kommt wahrscheinlich auch noch Fußball mit hinzu, irgendwie rauszukommen. Also mehr Menschen zu erreichen, damit die Welt lernt, wie sie sich freundlicher verhalten kann. Was für Ideen hast du da, aus dieser Bubble noch mehr rauszukommen?

Jason: Viele. Also der Film war natürlich ein riesiger, riesiger Schritt. Wir haben wirklich Millionen Menschen erreicht dadurch und die Medientermine, die damit verknüpft waren, von denen auch noch einige kommen, das ist ein ganz, ganz, ganz, ganz, ganz großer Schritt. Wir haben auch so viele Menschen geschrieben, die das über den Film praktisch darauf aufmerksam geworden sind, denen der Film extrem geholfen hat, sich auch empathischer zu verhalten. Da ist unsere Botschaft halt voll angeklungen. Und jetzt geht es halt weiter mit dem Podcast sicherlich, der längst nicht mehr nur Fußballfans adressiert, sondern eben wirklich eine ganz, ganz, ganz breite Zielgruppe. Das zweite Buch, Chaos auf Augenhöhe, ist bewusst, erzählt es den ganzen Handlungsstrang, so kompliziert und komplex er sein mag. Er hat nicht diese klassische, klar aufgebaute Heldenreise wie Teil 1 das hat. Er lässt sich sicherlich viel schwieriger verfilmen, aber er hat ganz bewusst das gesamte Spektrum unserer Geschichte. Eben damit wir aus einer Bubble rauskommen und damit wir unsere Botschaft an alle Menschen richten können. Und ich versuche das auf unseren Social-Media-Kanälen, wo wir sehr viel Reichweite aufbauen momentan.

1:28:47

Mirjam: Ja, so 12.600 sind es ungefähr zurzeit, auf Instagram zumindest.

Jason: Und das muss noch viel mehr werden. Wenn ich da jetzt mit dem Abi fertig bin, dann werde ich mich da mal dransetzen, das zu entwickeln. Und für die Zukunft sicherlich, wie gesagt, der Podcast steht jetzt erstmal im Fokus. Wir denken darüber nach, daraus vielleicht einen Videopodcast zu machen, optional, also das gleichzeitig über YouTube zu veröffentlichen, aber trotzdem auch weiterhin auf der Podcast-App etc. und im Blog. Das bei den Audiospuren zu belassen, weil ich, wie gesagt, auch das am Podcast eigentlich ganz charmant finde, aber doch Videopodcasts auch nochmal eine andere Reichweite erzielen können. Das ist eine Idee. Und ja, dann gibt es den Blog, es gibt die Social-Media-Kanäle und es wird sicherlich auch irgendwann einen dritten Teil der Buchreihe geben, wenn es soweit ist. Aber jetzt steht dann erstmal das Studium an.

1:29:44

Marco: An dem Buch ist ja auch bemerkenswert oder so schön, dass es immer eure beiden Perspektiven darstellt. Im ersten Buch hat ja größtenteils dein Vater geschrieben, du hast die Einleitung, das Glossar geschrieben. Und hier kann man eben die Perspektiven von beiden Seiten sehen, die ihr zum Teil ja auch ironisch bricht, durch die kursiv gesetzten Anmerkungen und so weiter. Weil, das finde ich ja auch immer nochmal wichtig, gerade sowohl für Menschen im Spektrum, aber auch die neurotypischen Menschen, auch immer mal die Perspektiven zu wechseln. Weil, daran wird es ja oft schwierig. Und ich höre Leute oft auch in Fortbildungen, die ich gebe, zum Thema Autismus, inwieweit der Begriff Autismus-Spektrum-Störung stimmig sein kann. Nämlich daran, dass die Störung immer in den Begegnungen von neurotypischen Menschen und autistischen Menschen beginnt, weil sie oft aneinander vorbei kommunizieren und diese gegenseitige Empathie schwer aufbringen können. Wobei ich selbst eben – nicht seltsamerweise, sondern oft noch – das Gefühl habe, dass der empathischere Teil von beiden auf der autistischen Seite liegt.

1:30:59

Jason: Das würde ich häufig so unterschreiben.

Marco: Ja, ja.

Mirjam: Jetzt zum Schluss, was ist denn ganz konkret deine Botschaft an alle Leute, die dich bislang nicht kennen und sich mit Autismus vielleicht auch nicht auskennen?

Jason: Die Botschaft ist die der radikalen Akzeptanz. Genau das ist es, was wir in die Welt heraustragen wollen. Dass die autistische Perspektive gleichberechtigt ist, dass Autismus nicht nur etwas ist, was nicht heilbar ist, das entspricht naturwissenschaftlichen Fakten, das ist völlig klar, aber dass es auch etwas ist, worauf der Begriff ‚Heilen‘ überhaupt nicht zutrifft, weil es dort nichts zu heilen gibt. Man muss nichts heilen, weil dort ist nichts falsch. Das ist das, was wir in die Welt heraustragen wollen. Und ich würde mir sehr wünschen, dass wir eines Tages auch in einer Welt leben, in der sowas wie ABA oder andere Ansätze, die darauf abzielen, Autismus mehr oder weniger auszumerzen, wenn ich mir zum Beispiel Autism Speaks anschaue oder ähnliche Gruppen, dass sowas auf der ganzen Welt verboten ist.

1:32:07

Mirjam: ABA ist so eine Therapiemethode, die aus dem Behaviorismus kommt, das hattest du vorhin schon erwähnt. Also so ein Ansatz aus der Psychotherapie…

Marco: Zur Verhaltenstherapie, von Lovaas begründet, der eben mit sehr strikten aversiven Konsequenzen gearbeitet hat, also die dann an sich wie eine Hundedressur anmutet, also damit fast vergleichbar ist. Und das ist mit humanistischen Denkansätzen nicht vereinbar.

Mirjam: Also die vereinfachte Variante, die ich kenne – aus Filmen kennt man das ja auch – das sind dann, dass das autistische Kind Punkte sammeln kann für gutes Verhalten, was dann angepasstes Verhalten ist, dass das die autistischen Bedürfnisse unterdrückt, aber eben auch durchaus Strafpunkte oder sogar Bestrafungen.

1:32:56

Jason: Das wird willkürlich festgelegt, was das zu erreichende Verhalten ist. Das wird nicht nach Maßstäben des Wohls praktisch der Person selbst festgelegt. Und es wird häufig nach Maßstäben festgelegt, wie ist es für die Gesellschaft am angenehmsten. Und das ist natürlich nicht mit der Würde des Menschen vereinbar. Dementsprechend würde ich mir sehr wünschen, dass es sowas eines Tages nicht mehr gibt.
Und ich würde mir wünschen, dass vielleicht die Welt ein bisschen was lernt, was Konsequenz angeht. Die Welt hat ja die richtigen Ansätze. Wenn ich mir zum Beispiel die Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen angucke, da steht die perfekte Welt dort geschrieben, wie sie sein muss. Die Ziele sind doch perfekt! Aber der Menschheit scheint die Konsequenz zu fehlen, das Handeln bedingungslos nach diesen Zielen auszurichten. Zu sagen, was müssen wir tun, um die Ziele zu erreichen? Und das dann wirklich zu tun, ohne Ausreden. Praktisch umzukehren. Nicht, was können wir denn tun und was ist unrealistisch, sondern: Das müssen wir tun. Und dann die Fragen nur noch darum kreisen zu lassen, wie geht das jetzt? Und sich vollkommen aufzuopfern dafür. Alles zu akzeptieren, was aus den Fakten resultiert, was dafür notwendig ist. Und auch kompromisslos zu sein. Das ist etwas, was die Welt, finde ich, lernen muss und lernen könnte, um irgendwann in einen Zustand der menschlichen Zivilisation zu kommen, in der wirklich alle Menschen gleichgestellt sind.

Marco: Mhm.

1:34:22

Mirjam: Alles muss ein Ende haben, zumindest im Podcast (Jason schmunzelt), auch wenn du das zu enden nicht so gerne magst. Ich hatte das vorhin genau falsch abgespeichert, als wir über unseren Kasten hier geredet haben.

Marco: Das finde ich dann bei euerm Podcast immer so bemerkenswert. Ihr habt dann noch zwei Sätze gesprochen und dann ist Schluss. So das ist ganz schön. Es ist fast so wie bei diesem Zeit-Podcast, der heißt Alles gesagt, wo der Gast dann ein Signalwort sagt, woraufhin das sofort abgebrochen wird.

Jason: Wir enden immer sehr abrupt, weil wir labern nicht so gerne, sondern wenn es nichts zu sagen gibt, dann ist Schluss.

Mirjam: Und das Ende neulich fand ich besonders schön, da meinte dein Vater, was auch auf dem Plakat stand: Ich bin sehr stolz auf dich. Und du meintest: Ich auch. Und dein Vater hat geknickert. Und ich (Marco schmunzelt), wir sind sehr dankbar, dass du hier warst, Jason. Vielen Dank, dass du dir so viel Zeit genommen hast.

Jason: Gerne.

Marco: Ja, ich bin auch, ja wie soll ich sagen, dankbar, inspiriert, also sowieso dein ganzes Auftreten, deine Bücher, die Podcasts, die sind eben sehr inspirierend. Und ich denke, das sollte noch mehr Verbreitung finden. Und ich bin froh, dass wir dich auch hier haben durften.

Mirjam: Und was du für dich, für uns aufgenommen hast, denn das haben wir gestern bei der Lesung mitgekommen, du hättest mit deinem Vater im E-Auto, das er für seinen Job benutzt, gestern Abend noch nach Hause fahren können. Hast dich aber für uns dafür entschieden, eine Nacht in Bremen zu verbringen, damit du heute frisch und ausgeschlafen hier sein kannst. Die Alternative wäre gewesen, heute in aller Frühe in irgendeinen überfüllten Zug dann zu steigen.

Jason: Genau, ich hätte das sogar in Erwägung gezogen, aber ich hätte eben nicht versprechen können, dass ich tatsächlich das auch schaffe. Weil, wenn ein Zug zu voll ist, dann steige ich nicht ein. Dementsprechend, wenn das leer gewesen wäre, das frühe Aufstehen, wäre nicht das Problem gewesen, aber ich hätte definitiv nicht versprechen können, dass das klappt. Es ist schon häufig passiert, dass ich in Züge dann einfach nicht eingestiegen bin und die ganze Tagesplanung umgeworfen habe. Dementsprechend, wenn ich irgendwo in der Pflicht stehe, dann geht sowas nicht.

Mirjam: Und zum Abschluss noch ein praktischer Tipp, falls du dein Handy noch aufladen musst, also noch wären Steckdosen vorhanden, du könntest ihnen nochmal einen Push geben für die Fahrt gleich.

Jason: Okay.

Mirjam: Danke euch beiden dann und euch fürs Zuhören. Und wie immer freuen wir uns darüber, wenn ihr uns auch Feedback gebt auf hallo Spektrakulär, nee an hallo@spektrakulär.de könnt ihr uns schreiben, eine E-Mail. Dann findet ihr auch ein Kontaktformular ganz bequem bei uns auf unserer Homepage spektrakulaer.de mit AE geschrieben. Und folgt uns auch gerne auf Insta, da könnt ihr auch Jason folgen. Und das wird sich immer lohnen, Jason weiter zu verfolgen.

Marco: Ich glaube, jetzt haben wir uns verdient, den letzten Schluck Malz auszutrinken.

Mirjam: Zum Wohl! Und ich trinke noch mal einen Schluck Wasser. Tschüss!

Jason: Tschau.

Marco und Mirjam: Ciao.

1:37:19

Outro

Musik: (Joss Peach: Cherry On The Cake, lizensiert durch sonoton.music)

Sprecher: Das war Spektakulär. Eltern erkunden Autismus.

Mirjam: Unsere Kontaktdaten und alle Infos zu unseren Folgen findest du in den Shownotes auf unserer Seite spektrakulaer.de.

Sprecher: Der Podcast aus dem Martins-Club Bremen.

Musik-Ende

Sprecher: Gefördert durch die Heidehof-Stiftung, die Waldemar-Koch-Stiftung und die Aktion Mensch.

Nach oben scrollen